Edelmetalle sind ein „Kauf“

31.07.2016

Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH

Rolf Ehlhardt, I.C.M. Vermögensverwalter: Wer meinem Rat aus der Finanzwelt-Kolumne vom 5. Okt. 2015 „Gold – Versager oder Retter“ gefolgt ist, hat sich mit Gold bei ca. 1.100 Dollar eingedeckt und erhält heute den Beweis aus der Praxis, dass Edelmetalle doch zum Geldwerterhalt taugen.

Im Dezember 2015 prognostizierten viele Analysten und Bankberater noch tiefere Kurse und lehnten Käufe mit teils irrwitzigen Begründung z.B. „Gold zahlt keine Zinsen“ ab. So verkündete das Bankhaus Sal. Oppenheim im 4. Quartal stolz, alle Edelmetallbestände ihrer Kunden verkauft zu haben. Wer zwischenzeitlich in der empfohlenen Größenordnung von zehn bis 20 Prozent in Edelmetalle diversifiziert hat, dem sage ich heute: Der Aufwärtstrend ist erst am Anfang. Also: Gewinne laufen lassen. Denn in der Vergangenheit dauerten solche Trends meist vier bis acht Jahre (der DAX-Trend läuft schon sieben Jahre). Aber was soll der Anleger tun, der den Kauf bisher versäumt hat? Meine Antwort lautet logischerweise: Kaufen. Die Zeit der billigen Kurse ist vorbei. Die Gründe für einen Kauf von Edelmetallen haben sich entweder vermehrt oder verstärkt. Berater, die ihren Kunden vom Kauf abgeraten haben, zögern noch immer, ihre Fehleinschätzung einzugestehen. Sie wollen jetzt bei Rückschlägen (ich lese sehr oft 1.180 Dollar für Gold) kaufen. Und verpassen wahrscheinlich den nächsten Kursschub. Die Begründungen wie „keine Zinsen“ oder „wird industriell nicht gebraucht“ sind genauso abgedroschen wie für die Kursentwicklung unbedeutend. Ende Juni wurde der Kurssprung dem unerwarteten „Brexit“ in die Schuhe geschoben. Der überraschende Wahlausgang hat sicher geholfen, die wahre Begründung kommt aber aus Italien. Im Brexit-Trubel ging völlig unter, dass die Renzi-Regierung schon wieder bei der Bankenrettung eingreifen musste. Sie forderte von der EU 40 Mrd. Euro um einen Bankenrun zu verhindern. Trotz der deutschen Ablehnung (pro forma?) sagte die EU nach Rücksprache mit der EZB Rom insgesamt 150 Mrd. Garantien bis Jahresende zu. Die rechtliche Regelung, dass zuerst Inhaber und Anleger haften müssen bevor der Steuerzahler eintritt, wurde umgangen, um Panik bei den Sparern zu vermeiden. Denn dieses Bail-in Gesetz hatten die Italiener im Dezember bei vier kleineren Banken angewandt und heftigste Proteste geerntet. Es gab sogar einen Selbstmord. Die jüngste Maßnahme ist somit eine Umgehung der eigenen Gesetze (mal wieder) und den Anlegern wurde klar: Auch zukünftige Bankenrettungen erfolgen mit der Gelddruckmaschine, zumindest so lange es Europa weit kein Bargeldverbot gibt. Damit wurde der Kaufempfehlung für Edelmetalle ein gravierendes Argument hinzugefügt. Immer mehr Anleger (der größte Gold Trust hat seinen Bestand 2016 von 642 auf 965 Tonnen ausgebaut) erkennen, dass die Befürchtungen der Edelmetallkäufer, bisher oft als Verschwörungstheoretiker betitelt, langsam aber sicher zur Gewissheit werden: - Das sinnlose, weil noch nie erfolgreiche Gelddrucken führt zur unkontrollierbaren Inflation - Die Rückführung der permanent wachsenden Schuldenberge wird immer unwahrscheinlicher - Die Bekämpfung der Finanzprobleme mittels Zinserhöhung ist unmöglich geworden. Wer glaubt, dass die Bankenprobleme nur in Italien existieren, sollte den Bericht des IWF über die Deutsche Bank lesen. Darin wird unsere ehemalige Vorzeigebank als Bedrohung für die Weltfinanzen beschrieben. Hohe Verluste, zudem über 55 Billionen Geschäfte im Derivatebereich außerhalb der Bilanz verstärken das ungute Gefühl. Sie erinnern sich: Anfang 2016 hat die Bank bestätigt, dass sie ihre Zinsen zahlen kann. Und Herr Schäuble wollte uns gleichzeitig wissen lassen, dass er sich keine Sorgen um die DB macht. Die letzte Bank, die ihre eigene gute Bonität bestätigen musste, hieß Lehman Brothers. Hoffentlich gibt es keine sonstigen Parallelen. Jetzt reduziert die Weltbank auch noch ihre Prognose über das Weltwachstum von 2,9 auf unter 2,5 Prozent. Trotzdem ziehen die Inflationswerte an (Basiseffekte Ölpreis!!). Die Unternehmensgewinne fallen seit Monaten. Ebenso die Auftragseingänge langlebiger Wirtschaftsgüter. Jetzt hat sich die Zinsstrukturkurve in den USA deutlich abgeflacht. Ein weiterer Hinweis des Marktes auf eine Abschwächung des Wirtschaftszyklus. Der Baltic-Preis-Index für Schiffstonagen ist tief am Boden. Auch vom Brexit erwarten man Wachstumseinbusen. Schwäche signalisieren China, Taiwan, Brasilien, Russland, Kanada und Italien. Die Probleme im Gesamtsystem würden dann aufgrund der globalen Verzahnung nach oben gekehrt. Die Angst vor der Stagflation (stagnierendes Wachstum bei anziehender Inflation) nimmt zu. Die Notenbanken reagieren mit der nächsten Welle geldpolitischer Lockerungen (zum Beispiel QE 4 in USA, Helikoptergeld). Der Anleger sucht spätestens jetzt einen sicheren Hafen. Untersuchungen der letzten 40 Jahre zeigen (PPC Metrics), dass in einem solchen Szenario nur Rohstoffe und Edelmetalle eine positive Kursentwicklung aufweisen, bei gleichzeitiger US-Dollar Schwäche. Wenn die Anleger den Notenbanken das Vertrauen in ihre Politik entziehen, muss man in Edelmetallen bereits investiert sein. Die Institutionellen kaufen schon kräftig. Auch der „normale“ Anleger wird sich sehr schnell den Edelmetallen zuwenden. Denn er weiß, Edelmetalle haben kein Gegenpartrisiko. Sie haben nämlich keine Schulden. Und die Produktion läuft am oberen Ende. Erhöhte Nachfrage kann über Mehrproduktion nicht ausgeglichen werden. Die Geldmenge dagegen wurde seit 2007 massiv erhöht, das heißt zehn Prozent dieser Geldmenge in Gold anlegen, stellt heute einen gravierend höheren Geldbetrag dar, als noch in 2007 (bei fast gleicher Gold-Produktion). Der Ausgleich dieses Missverhältnis von Angebot und Nachfrage dürfte somit über den Preis erfolgen. Neue Höchstkurse wären dann keine Überraschung.

Ein Kommentar von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH

Kolumne vom 05. Okt. 2015:  www.finanzwelt.de/gold-versager-oder-retter

www.i-c-m-mannheim.de