Die Verfahrensdokumentation ist kein „nice to have“!
06.01.2021
Sebastian Loosen / Foto: © WWS
Die Kernaufgabe für Vermögensverwalter und Finanzberater lautet, keinen Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung aufkommen zu lassen. Die Verfahrensdokumentation ist kein „nice to have“, sondern verpflichtendes Element, das auch bei einer Betriebsprüfung geprüft wird. Nach der Abgabenordnung hat die Finanzbehörde im Rahmen von steuerlichen Außenprüfungen das Recht, die mit Hilfe eines (elektronischen) Datenverarbeitungs-Systems erstellten und aufbewahrungspflichtigen Unterlagen durch Datenzugriff zu überprüfen. Neben den Daten müssen insbesondere auch die Teile der Verfahrensdokumentation zur Verfügung gestellt werden, die einen vollständigen Systemüberblick erlauben und für das Verständnis des Datenverarbeitungs-Systems notwendig sind.
Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der digitalen Buchführung
Die Folge: Fehlt eine solche Verfahrensdokumentation nach den gesetzlichen Vorschriften, kann das Finanzamt die gesamte Buchführung verwerfen und dann zum Mittel der Zuschätzung greifen. Der Prüfer kann also bei einer fehlenden oder fehlerhaften Verfahrensdokumentation im Zweifel die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung erschüttern, indem er genügend formelle Mängel aufdeckt. Das Fehlen einer Verfahrensdokumentation stellt allein keinen formellen Mangel dar, wenn Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der digitalen Buchführung auch ohne Verfahrensdokumentation gewährleistet sind. Dennoch legt die Finanzverwaltung Wert auf eine regelkonforme Verfahrensdokumentation. Dies sollten Verantwortliche in Unternehmen jederzeit beachten und daher die Verfahrensdokumentation nicht nur beiläufig behandeln. Eine professionelle Verfahrensdokumentation ist damit ein wesentlicher Schritt zur Unangreifbarkeit der eigenen Buchhaltung.
Nur konsequente Weiterentwicklung erfüllt Vorgaben des Gesetzgebers
Die Verfahrensdokumentation nach GoBD besteht in der Regel aus einer allgemeinen Beschreibung, einer Anwenderdokumentation, einer technischen Systemdokumentation und einer Betriebsdokumentation. Der wichtigste Aspekt der Verfahrensdokumentation ist dabei der eigentliche Prozess der Belegerfassung und -verarbeitung. Dabei müssen Unternehmen dokumentieren, welche IT-Systeme zum Einsatz kommen, welche Maßnahmen getroffen wurden, um die erfassten Belege vor Verlust oder Verfälschung zu schützen und um alle Zugriffe auf die Belege zu dokumentieren, und welche firmeninternen Kontrollen es gibt, um sicherzustellen, dass alle Vorgaben der GoBD eingehalten wurden.
Dabei gilt die Regel: Sobald sich das Verfahren zum Erfassen und Bearbeiten der Belege verändert und/oder es zu Änderungen des IT-Systems kommt, muss dies in der Verfahrensdokumentation festgehalten werden. Jede Änderung muss nachvollziehbar sein, und überhaupt muss die in der Verfahrensdokumentation dargelegte Vorgehensweise dem in der Praxis gelebten Verfahren eines Unternehmens vollständig entsprechen. Will heißen: Die Verfahrensdokumentation ist kein statisches Gebilde, muss genau auf die spezifischen Anforderungen von Unternehmen in ihrem jeweiligen Branchenumfeld angepasst und kontinuierlich beobachtet werden, um jederzeit aktuell zu sein. Die einmalige Einrichtung ohne konsequente Weiterentwicklung erfüllt nicht die Vorgaben des Gesetzgebers.
Für Vermögensverwalter und Finanzberater ist es also unabdingbar, individuelle Strukturen in der Verfahrensdokumentation zu entwickeln und konsequent umzusetzen. Sie können die Regelungen nicht umgehen, wollen sie sich keinen schwerwiegenden Verstößen im Umgang mit ihren steuerlichen Pflichten aussetzen.
Gastbeitrag von Sebastian Loosen, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der WWS Wirtz, Walter, Schmitz GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft