Die Realität schlägt zurück

04.05.2017

Christophe Bernard / Foto: © Vontobel

Ende des "Trump Trade" auf den US-Märkten

Donald Trump ist es bislang eindeutig nicht gelungen, seinen "Vertrag mit dem amerikanischen Wähler" einzulösen. Dieses Dokument, als Aktionsplan für die ersten 100 Tage der Regierung konzipiert, hätte den Weg Amerikas zu alter Größe vorzeichnen sollen. Insofern funktioniert der sogenannte Trump Trade – höhere Staatsanleihenrenditen, ein stärkerer US-Dollar und US Small Caps, die besser abschneiden als Aktien von Unternehmen mit einer großen Marktkapitalisierung – nur noch teilweise oder überhaupt nicht mehr.

Interessanterweise besteht ein scharfer Kontrast zwischen den sinkenden Zustimmungsraten für Trump und dem von der Öffentlichkeit als sehr günstig beurteilten Geschäftsklima. Der zügige Erlass von Dekreten zu Themen wie Energie, Schadstoffemissioen von Fahrzeugen, Medien, Telekommunikation und Bauwesen hat wahrscheinlich zu dieser guten Stimmung beigetragen. Hinzu kommt der zunehmend breitere weltweite Aufschwung, der bereits vor der US-Wahl einsetzte. Der Fairness halber sei angemerkt, dass dem US-Präsidenten die gesetzlichen oder institutionellen Befugnisse fehlen, um weitreichende Wirtschaftsreformen im Alleingang durchzusetzen. Zudem geben generell langfristige strukturelle Trends wie Demografie, technologischer Fortschritt oder Produktivitätswachstum die Richtung für die US- und Weltwirtschaft vor.

Europa atmet nach den Wahlen in Frankreich durch

Der Ausgang der ersten Wahlrunde bei der französischen Präsidentschaftswahl entsprach unserem Basisszenario und den Erwartungen des breiteren Markts: Der Zentrumskandidat Emmanuel Macron und die rechtspopulistische Kandidatin Marine Le Pen ziehen in den zweiten Wahlgang vom 7. Mai ein, wobei ersterer als klarer Favorit gilt. Bei sonst gleichen Bedingungen erwarten wir von einem Sieg Macrons eine ansprechende Entwicklung von Anlagen aus der Eurozone, von "peripheren" Staatsanleihen bis hin zu Bankaktien und dem Euro. Das Damoklesschwert, das über dem europäischen Projekt schwebt, würde somit beseitigt. Die italienischen Parlamentswahlen, die spätestens im Mai 2018 stattfinden, bleiben angesichts der breiten Unterstützung für eine Protestpartei das politische Hauptrisiko.

Wir halten vorerst an unserer Portfoliopositionierung fest. Bei Aktien sind wir generell neutral positioniert, im Kredit-Bereich (Unternehmens- und Schwellenländeranleihen) "übergewichtet" und bei Staatsanleihen der Kernindustrieländer wie USA und Deutschland "stark untergewichtet". Das globale Umfeld bleibt für riskante Vermögenswerte günstig. Dafür sorgen die ziemlich robusten Unternehmensgewinne und die nach wie vor expansive Geldpolitik der wichtigsten Notenbanken. Die Bewertungen sind derzeit jedoch alles andere als attraktiv, was das Aufwärtspotenzial begrenzt.

Marktkommentar von Christophe Bernard, Vontobel-Chefstratege