„Die Pflichtversicherung allein ist keine Lösung“

21.08.2024

Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des GDV / Foto: © GDV

finanzwelt: Worin liegen die Vorteile eines Naturgefahrenausweises zur Schadenanfälligkeit von Gebäuden?

Käfer-Rohrbach» Ganz klar in der Transparenz! Mit dem Naturgefahrenausweis sollen Gefahren wie Starkregen, Kanalrückstau und Hochwasser ortsgenau sichtbar und bewertet werden. Zugleich weist er Maßnahmen aus, mit denen das Gebäude resilienter gemacht werden kann. Ich weiß also als Hausbesitzerin konkret, wie gefährdet ich bin und was ich dagegen tun muss. Und ein weiterer Vorteil: Der Naturgefahrenausweis bietet eine valide Grundlage, wenn ich mein Haus vermieten oder verkaufen möchte.

finanzwelt: Häufig wird das französische CatNat-System als Vorbild für die Absicherung von Naturgefahren genannt. Warum ist das Ihrer Meinung nach keine Blaupause für Deutschland?

Käfer-Rohrbach» Die Befürworter übersehen, dass CatNat staatlich organisiert ist. Eine Eins-zu-Eins-Übernahme würde einen Paradigmenwechsel in der Versicherungslandschaft und in der Zusammenarbeit von Staat und Assekuranz nach sich ziehen. Häufiger auftretende Extremwetter stellen auch Frankreich vor dieselben Probleme wie Deutschland: Es wird zu wenig in Prävention investiert, die Schäden steigen und letztlich auch die Beiträge. Der französische Katastrophenfonds ist seit Jahren defizitär. Nicht ohne Grund hat Frankreich im April eine Vielzahl von Präventionsmaßnahmen vorgelegt, um den Fonds zu stabilisieren.

finanzwelt: Wie ist der aktuelle Stand in der Politik? Welche wichtigen Punkte in diesem Kontext stehen für Sie im weiteren Jahresverlauf noch auf Ihrer Agenda?

Käfer-Rohrbach» Wir bedauern es, dass sich Bund und Länder nicht einigen konnten. Die von Bundesjustizminister Marco Buschmann vorgeschlagene Angebotspflicht wäre aus unserer Sicht ein akzeptabler Kompromiss gewesen – deutlich besser jedenfalls als eine alleinige Pflichtversicherung oder das halbstaatliche französische Modell. Aber auch ohne Einigung bei der Frage nach einer Versicherungslösung gegen Elementarschäden bleibt es wichtig, dass wir in Deutschland bei den Themen Prävention und Klimafolgenanpassung vorankommen. Wir werden uns dafür weiter auf allen Ebenen einsetzen. (mho)