Die Geister die sie riefen
04.04.2022
Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.
Der Anleger muss sich vor der Strategieentscheidung über einige mögliche Entwicklungen eine Meinung bilden. Hierzu meine Prognosen:
- Die Verschuldungen weltweit werden weiter zunehmen.
- Um diese Schulden bezahlen zu können, müssen die Zinsen tief bleiben.
- Damit die Zinsen tief bleiben, sind den der Inflation adäquaten Zinserhöhungen der Notenbanken Grenzen gesetzt (homöopathische Dosen).
- Niedere Zinsen bei gleichzeitig hoher Inflation führt zu Kaufkraftverlusten bei den Konsumenten. Gehaltserhöhungen sind brutto, höhere Preise netto!
- Der Rohölpreis selbst ist „nur“ auf das Level der Jahre 2008 bis 2014 gestiegen. Ein großer Teil der Preissteigerung sind der Verfall des Euro (Euro/ US-Dollar 2008: ca. 1,55) und höhere Steuern. Der Benzinpreis ist bei uns mehr als doppelt so teuer wie in USA.
- Da Dauer und Ausmaß eines Krieges in Europa nicht kalkulierbar sind und auch kein Beispiel aus der jüngeren Zeit (Gott sei Dank) zugrunde gelegt werden kann, triften die Prognosen für Wirtschaft und Börsen in erheblichem Maße auseinander. Anlagestrategie ist Trumpf.
- In Euro erreichte Gold ein neues all-time-high bei 1.900 Euro, Hoch 2020 1.750 Euro).
- Rückgang der Kaufkraft wird zu einer Abschwächung der Wirtschaft führen
- Schwächelndes Wirtschaftswachstum löst Reduzierung der Investitionen aus.
- Sollten die Notenbanken trotz des höheren Kapitalbedarfs der Staaten, Unternehmen und Private (aufgrund der wachsenden Schulden) monetäre Verknappung durchsetzen, wird es eine Kreditkrise auslösen. Es wird dann auch zu einem kräftigen Verfall der Vermögenspreise (zum Beispiel Aktien, Immobilien, Oldtimer, …. ) kommen, der die Kreditkrise verstärken würde.
- Die steigenden Nahrungsmittelpreise könnten in den Schwellenländern nicht nur zu Finanzproblemen, sondern auch zu sozialen Unruhen führen.
- Solange sich die Ukrainekrise nicht auflöst, ist Europa stärker betroffen als die USA. Aber sie würde auch mehr von einer verträglichen Lösung profitieren.
- So lange keine Ukraine-Lösung vorliegt, könnte der US-Dollar, entgegen dem Kaufkraftvergleich, gegen dem Euro weiter aufwerten.
- Es gibt noch genügend Anlage suchendes Kapital.
- Teile der Aktienanlage sollten als Tradingpositionen angesehen werden. Wer in schwachen Märkten den Mut hat zu kaufen, sollte bei Gewinnen (zum Beispiel 10 Prozent) diese auch realisieren.
Schlußfolgerungen:
- Den Notenbanken wird (muss) die Staatsfinanzierung wichtiger sein als die Inflationsbekämpfung.
- Die Inflation wird daher weiter deutlich über dem „Ziel“ zwei Prozent liegen.
- Die FED könnte sich anders verhalten als die EZB.
- Das Vertrauen in Inflationsbekämpfung dürfte weiter abnehmen.
- Die Vermögenserhaltung muss bei der Kapitalanlage oberste Priorität genießen.
- Die Weltwirtschaft wird auch (irgendwann) diese Krise bewältigen. Auf welchem Börsenniveau dies passiert, bleibt allerdings offen.
- Edelmetalle haben sich in der Krise als „Kapitalversicherung“ bewiesen. Im Gegensatz zu Alternativen (zum Beispiel Krypto-Währungen). Gold erreichte Anfang März das Dollar-Hoch aus 2020. Bitcoin hat vom Hoch derzeit ca. 30 Prozent verloren (in der Spitze sogar über 50 Prozent).
- Jede Fehlentscheidung der Verantwortlichen, und wenn sie nur von der Börse so ausgelegt wird, kann zu abrupten und dramatischen Kursbewegungen in beide Seiten führen.
- Eine nachträgliche Korrektur der Anlagestrategie kostet Vermögen.
Unsere bisherige Empfehlung einer vorsichtigen Vermögensaufteilung (hohe Liquidität, Qualitätsaktien und 20 Prozent Edelmetalle) hat sich in diesem Jahr als völlig richtig erwiesen. Da sich die Probleme weltweit eher noch verstärkt haben, behalten wir diese auch bei. Beim Fußball würde man jetzt sagen: Never change a winning Team.
Kolumne von von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH
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