Die Fristen in der Unfallversicherung

15.08.2024

Rechtsanwalt Jens Reichow. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Frist zur Geltendmachung der Ansprüche

Zuletzt besteht auch für die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Versicherer regelmäßig eine konkrete Frist (siehe hierzu BGH Urt. v. 25.04.1990 – IV ZR 28/89).

Folgen der Fristversäumnis

Versäumt der Versicherungsnehmer die Einhaltung der Fristen in der Unfallversicherung, so kann dies dazu führen, dass der Versicherer berechtigterweise die Erbringung einer Invaliditätsleistung verweigern kann. Ist das Fristversäumnis jedoch unverschuldet oder beruht es auf einem besonderen Ausnahmefall, können Versicherungsnehmer weiterhin die Versicherungsleistung einfordern. Die Geltendmachung muss jedoch sofort nachgeholt werden (siehe hierzu BGH Urt. v. 05.07.1995 – IV ZR 43/94). Die Beweislast für das unverschuldete Fristversäumnis trägt dabei der Versicherungsnehmer (siehe hierzu OLG Dresden: Nachweis der unfallbedingten Invalidität). Ob tatsächlich ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist stets anhand des Einzelfalls zu beurteilen.

Hinweispflicht des Versicherers zu den Fristen in der Unfallversicherung?

Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in Folge der Unfallanzeige auf die einzuhaltenden Fristen hinzuweisen (vgl. § 186 VVG). Unterbleibt dieser Hinweis, kann sich der Versicherer nicht auf Fristversäumnis berufen (vgl. Hinweispflicht gegenüber Versicherten auf Fristen in der Unfallversicherung? (BGH)).

Die Hinweispflicht des Versicherers besteht jedoch lediglich gegenüber dem Versicherungsnehmer, der nicht mit der versicherten Person identisch sein muss. In der Praxis schließen oftmals Eltern für ihre Kinder, oder Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmer eine Unfallversicherung ab, sodass Versicherungsnehmer und die tatsächlich versicherte Person voneinander abweichen. Ein Hinweis an den Versicherungsnehmer ist auch dann ausreichend, wenn der Schaden von der versicherten Person selbst angezeigt wurde (siehe auch OLG Karlsruhe: Hinweispflichten eines Unfallversicherers im Versicherungsfall).

Wird der Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler betreut, so können neben den Hinweispflichten des Versicherers auch Hinweispflichten des Versicherungsmaklers bestehen (siehe auch BGH: Hinweispflichten des Versicherungsmaklers im Versicherungsfall).

Fazit

Die Einhaltung der Fristen in der Unfallversicherung ist immer wieder Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen. Ein Blick in die Rechtsprechung zeigt dabei, dass Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Zahlung einer Invaliditätsleistung immer wieder wegen Fristversäumnissen ausscheiden. Versicherungsnehmer sollten der Fristenkontrolle daher von Anfang an die gebotene Aufmerksamkeit zukommen lassen.

Neben den Fristen in der Unfallversicherung können dabei auch vertragliche Obliegenheiten bestehen, die eine bestimmte Handlung innerhalb eines bestimmten Zeitrahmen erfordern (z.B. Anzeige des Versicherungsfalles). Auch auf die Einhaltung solcher, vertraglicher Obliegenheiten sollte der Versicherungsnehmer stets achten.

Außerdem sollte auch beachtet werden, dass sich der Gesundheitszustand im Laufe der Zeit sowohl verbessern als auch verschlechtern kann. Dem Versicherer als auch dem Versicherungsnehmer stehen daher nach den Unfallversicherungsbedingungen regelmäßig ein Recht zur Neubemessung der Invalidität zu (siehe auch Verjährungsbeginn des Neubemessungsanspruchs in der Unfallversicherung (LG Schweinfurt)). Auch dieses Recht zur Neubemessung des Invaliditätsgrades ist jedoch fristgebunden.

Gastbeitrag von Rechtsanwalt Jens Reichow, Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow.