Der Konstruktionsfehler des Bitcoin

18.12.2017

André Kunze, Geschäftsführender Gesellschafter der Prometheus Vermögensmanagement GmbH/ Foto: © Prometheus

Noch etwas mehr Zweifel könnte aufkommen, wenn man sich die Meldungen zur Ökobilanz des Bitcoins der letzten Tage anschaut. Demnach soll eine einzelne Bitcoin-Transaktion so viel Strom verbrauchen wie ein kleines Einfamilienhaus in Deutschland im Durchschnitt in einem Monat. Derartige Informationen sind mir persönlich bereits wieder zu abstrakt und führen in den Aminosäuren meiner bescheidenen Denkfabrik zur Arbeitsverweigerung. Versuchen wir es daher einfach mal mit schlichter Logik.

Der Konstruktionsfehler des Bitcoin

Hinter dem Bitcoin steht die zunächst überzeugende Idee, eine von Banken und Staaten unabhängige Währung zu schaffen, die weder durch eine fragwürdige Notenbankpolitik noch durch die freizügige Geldschöpfung des privaten Bankensektors im Wert beeinträchtigt werden kann. Auf den ersten Blick einleuchtend am Bitcoin klingt zudem, dass dieser nicht – wie traditionelle Währungen – unendlich vermehrt werden kann. Die Begrenzung des Bitcoins auf 21 Millionen Stück soll einer Inflationierung und damit einer realen Abwertung entgegen wirken.

Genau dieser so logisch klingende Sachverhalt offenbart aber bei genauerer Betrachtung die Unlogik des Bitcoins – und damit dessen Konstruktionsfehler. Nehmen wir mal an, der Bitcoin wäre in der Tat allen anderen Währungen überlegen und setzt sich – ähnlich wie Google bei den Suchmaschinen – gegen den Willen und die Interventionen der Staaten als die Weltwährung schlechthin durch.

In der Praxis würde dies dazu führen, dass sich der Wert des Bitcoins im langfristigen Durchschnitt entsprechend der Wachstumsraten der globalen Weltwirtschaft entwickelt. Denn in Wachstumsphasen müsste einem dann höheren (produzierten) Warenberg ein entsprechend höherer Geldwert gegenüberstehen. Schließlich müsste das Mehr an Waren ja mit einem Mehr an Geld erworben werden. Da die Anzahl an Bitcoins aufgrund der Begrenzung auf 21 Millionen Stück aber nicht steigen kann, muss folgerichtig der Wert steigen.

Der Bitcoin wäre also ein Eldorado für die Jünger grenzenlosen Wachstums. „Das klingt doch gut!“, könnte man meinen. Das Problem daran: Die Investitionsbereitschaft würde schlagartig verebben, da der Wert des Geldes ja quasi per Automatismus steigt. Wozu noch investieren? Wer die Bequemlichkeit und die Trägheit der menschlichen Blockchain kennt, weiß, was das heißt: Wir setzen uns kurzerhand aufs Sonnendeck und genießen.

Geht uns das Wachstum dann dummerweise irgendwann aus, entweicht auch aus dem Bitcoin mehr und mehr die Luft und die Party ist zu Ende. Eines kann der Bitcoin konstruktionsbedingt also nicht sein: Eine stabile Währung. Mit einem derartigen Währungsmechanismus würde unser Wirtschaftssystem vom Regen in die Traufe kommen.

Wer sich als digitale Währung auf den Weg macht, die zugegebenermaßen unübersehbaren Mängel des aktuellen Währungssystems zu beseitigen, sollte selbst keine gravierenden Konstruktionsfehler mit sich bringen. Bevor wir uns an dieser Stelle falsch verstehen: Der Bitcoin kann auch locker über 100.000 US-Dollar steigen. In einem Kapitalmarktsystem, das ohnehin von allen guten Geistern verlassen ist, muss neben Negativzinsen und indirekter Staatsfinanzierung durch die Notenbanken auch ausreichend Platz für andere Obskuritäten sein.

Der Bitcoin wird sich seinen Platz ohne jeden Zweifel am Ende sichern. Am Firmament der unvergesslichen Blasen, die wir alle hätten erkennen müssen, aber nicht konnten, weil wir weder wissen wollten, noch verstehen konnten, worum es eigentlich ging. Man könnte das alles hier auch viel kürzer und prägnanter auf den Punkt bringt, denn am Kapitalmarkt gibt es eine Regel, die vor allen anderen gilt: Lass die Finger von Dingen, die Du nicht versteht.

Kolumne von André Kunze, Geschäftsführender Gesellschafter der Prometheus Vermögensmanagement GmbH in Langenfeld