Der globale Energiehunger nimmt noch zu
15.02.2022
Gottfried Urban, Urban & Kollegen Vermögensmanagement, Altötting / Foto: © Urban & Kollegen Vermögensmanagement
Öl notierte im August 2008 bei fast 150 Dollar pro Barrel, über 50 % höher als heute. Dennoch: Die Preise für Öl und Gas steigen wieder dynamisch. Der Ukraine-Konflikt trägt dazu maßgeblich bei. Doch es gibt noch viele andere Gründe, die für längerfristig zunehmende Energiekosten sprechen.
Konsumverzicht gibt es nur in einer idealen Welt. Die Realität sieht leider anders aus. Wahrscheinlich wird die Gesellschaft nach dem Ende der Pandemie in den Vor-Corona-Modus zurückfallen, denn nur wenige werden bereit sein, auf die neuen, alten Freiheiten zu verzichten. Seit Jahren übersteigt der Verbrauch von fossilen Energieträgern tendenziell die Prognosen. Die Mittelschicht in den Schwellenländer wächst, und der Ausbau der dortigen Infrastruktur lässt die Nachfrage nach traditionellen Rohstoffen in den kommenden Jahren ebenfalls weiter steigen.
Positiv ist, dass die aktuell steigenden Gas- und Ölpreise den Umstieg auf erneuerbare Energien beschleunigen. Nur wird dieser Prozess noch einige Zeit dauern. Bis zum Vollzug der Energiewende werden wir wahrscheinlich noch mehr traditionelle Rohstoffe benötigen. Weil man Finanzströme politisch gewollt in klimafreundliche Produktionsmethoden umgelenkt hat, wurde die Exploration fossiler Energieträger gebremst. Gleichzeitig stehen aber noch zu wenig Alternativen zur Verfügung. Das dürfte zu einer längeren Übergangsperiode mit steigenden Energiekosten führen.
Energiekostenzuschüsse setzen Fehlanreize
Um die privaten Haushalte finanziell zu entlasten, reagieren die europäischen Regierungen mit Zuschüssen und Steuernachlässen. Das jedoch setzt Fehlanreize: Je mehr der Staat die Nutzung fossiler Energien subventioniert, umso geringer die Motivation für jeden Einzelnen, auf Strom und Wärme aus regenerativen Quellen umzusteigen. Zudem befeuert diese Zuschusspolitik die Inflation. Hohe Energiekosten, die die allgemeine Inflation hochhalten, dürften die Notenbanken noch mehr unter Druck setzen, die Zinsen doch deutlicher anzuheben. Doch das wiederum würde die wirtschaftliche Erholung gefährden.
Steigende Energiepreise dürften eine Belastungsprobe für die gesamte verarbeitende Industrie bedeuten. Investitionen in rohstoffreiche Staaten könnten somit ein Depot bereichern. Allerdings sollte man wegen der Ukraine-Krise evtl. einen Bogen um amerikanische und russische Firmen machen und sich in Skandinavien oder im Nahen Osten umschauen. Sich einzelne Öl- und Gasförderer ins Portfolio zu holen, birgt jedoch Risiken. Wird z.B. ein solcher Konzern in einen Umweltskandal verstrickt, kann dies den Aktienkurs erheblich unter Druck setzen. Also die Streuung nicht vergessen!
Privatanleger können auf breit gestreute Fondslösungen setzen. Zu beachten ist jedoch, dass Unternehmen aus dem Energie- und Rohstoffsektor für Langfristinvestments weniger geeignet sind, was eine aktive Beobachtung der Depotpositionen notwendig macht.
Kolumne von Gottfried Urban, Urban & Kollegen Vermögensmanagement, Altötting
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