Der Engagement-Ansatz zeichnet uns aus

16.07.2020

Nicole Becker - © Bayerische Versorgungskammer

Nachhaltigkeit ist mehr als ein kurzfristiges Phänomen, es ist vielmehr ein Megatrend. Wie die Bayerische Versorgungskammer dies in ihrem Investmentprozess umsetzt, das erläuterte uns Nicole Becker, Referentin für Vorstandsangelegenheiten und Nachhaltigkeit bei der Bayerischen Versorgungskammer, im Gespräch.

finanzwelt: Vor etlichen Jahren haben Sie als deutscher Altersversorger sehr früh die UN-Prinzipien für verantwortungsvolles Investment (PRI) unterzeichnet. Sehen Sie sich diesbezüglich als eine Art Vorreiter? Welche Hürden mussten Sie gegebenenfalls überwinden?

Nicole Becker: Wir haben uns im Jahr 2011 entschlossen, den PRI beizutreten. Im Bereich der berufsständischen Versorgung waren wir damit in Deutschland einer der Vorreiter. Die Vorgabe eines internationalen Wertesystems hat uns sehr geholfen, die interne Diskussion zu steuern und unsere Nachhaltigkeitsstrategie aufzusetzen. Die PRI verzeichnen insbesondere unter Deutschen institutionellen Investoren einen großen Zuwachs. Es gilt nun, die Strategien zu schärfen und weiterzuentwickeln. Dem tragen auch die PRI mit der Weiterentwicklung ihrer Module Rechnung. Wir Investoren, unsere Partner und Dienstleister sind weiter gefordert, messbare Erfolge zu erzielen und zu dokumentieren.

finanzwelt: Im vergangenen Jahr wurde die Bayerische Versorgungskammer doppelt für Ihre Nachhaltigkeitsstrategie geehrt. Was zeichnet Sie im Besonderen aus?

Becker: Wir sind im letzten Jahr mit dem „Portfolio Institutional Award“ als bester nachhaltiger Investor und für unsere ESG-Kriterien Implementierung vom F.A.Z.-Fachverlag im Rahmen der „institutional assets awards“ ausgezeichnet worden. Gewürdigt wurden die Verankerung der Nachhaltigkeitsanforderungen in den Auswahlprozessen unserer Asset Manager und unsere Engagement Aktivitäten. Auch wurde die zugrundeliegende Ausrichtung der BVK gelobt, denn unsere Nachhaltigkeitsstrategie geht einher mit einer bereits stark verankerten Werteorientierung. Damit sind wir nicht nur glaubwürdig, sondern können unsere Aktivitäten aufgrund der vorhandenen Strukturen sehr effektiv umsetzen. Als größte öffentlich-rechtliche Versorgungsgruppe Deutschlands haben wir nicht nur eine hohe gesellschaftliche Verantwortung, sondern mit unserem vielfältigen globalen Investment-Universum auch großen Einfluss.

finanzwelt: Das Wort „nachhaltig“ wird vielfältig verwendet. Was verstehen Sie bei der Bayerischen Versorgungskammer darunter?

Becker: Die Alters- und Berufsunfähigkeitsversorgung in unseren Versorgungseinrichtungen ist auf mehrere Jahrzehnte, durch die Hinterbliebenenversorgung sogar auf mehrere Generationen, angelegt. Dies verlangt eine entsprechend vorausschauende Gestaltung. Daher sind der Vorstand der BVK und die Selbstverwaltungsgremien der Versorgungsanstalten seit jeher Nachhaltigkeitsgrundsätzen gefolgt. Nicht erst aufgrund der jüngsten Erfahrungen wird deutlich: Wir sind auf eine gesunde Umwelt und einen gesunden Finanzmarkt angewiesen. Daher haben wir unsere Kapitalanlage um den Aspekt Nachhaltigkeit als vierte Dimension neben Liquidität, Sicherheit, Rendite erweitert. Nachhaltiges Investieren heißt für uns, wichtige ökologische, soziale und geschäftspolitische Risiken bei unseren Investitionen zu berücksichtigen, um die Performance zu stärken, vorbildliche Standards einzufordern und die langfristige Wertschöpfung zu gewährleisten.

finanzwelt: Die BVK verfolgt in der Kapitalanlage den Ansatz des sogenannten Engagements, der kontinuierlich innerhalb der einzelnen Asset-Klassen umgesetzt wird. Können Sie das etwas erläutern?

Becker: Bei der Integration unserer Nachhaltigkeitsziele in den Investmentprozess ist der Engagement-Ansatz ein Kernelement. Das bedeutet in der Praxis, dass wir auf allen Ebenen die Einhaltung von ESG-Kriterien fördern und fordern, sowohl bei unseren direkten Investitionen, als auch über unsere Manager. Bei den Fondsinvestments fragen wir im Rahmen der Managerselektion und im laufenden Monitoring die Einhaltung von ESG-Kriterien ab. Alle Manager verfügen über eine interne Nachhaltigkeitspolitik, über 85% haben die PRI unterschrieben. Im Bereich Aktien wirken wir mit der Wahrnehmung der Stimmrechte über unseren Partner BMO Global Asset Management auf unterschiedliche Bereiche globaler Unternehmen ein, z.B. auf Umwelt- und Arbeitsstandards.

Für die festverzinslichen Wertpapiere haben wir ein spezielles Nachhaltigkeitsrating der Emittenten etabliert, das wir in unsere Investitionen einbeziehen. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Investitionen in erneuerbare Energien, aktuell umfassen diese mindestens 25% unseres Infrastrukturportfolios, mit steigender Tendenz. Bei unseren Immobilien-Anlagen arbeiten wir u.a. mit Zertifizierungen und Standards. Durch die Schaffung von Wohnraum sowie innovativen Quartierskonzepten leisten wir bei unseren eigenen Projektentwicklungen einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Als einer der ersten deutschen Asset-Owner sind wir Mitglied bei GRESB (Global Real Estate Sustainability Benchmark). Damit stehen uns Vergleichsstandards zur Messung der ESG-Performance unserer Immobilienfonds und unserer Manager zur Verfügung. Unser Ziel ist, dass die Nachhaltigkeit unseres Portfolios transparent und das Portfolio damit zukunftsfähig ist.

finanzwelt: Generell drängt sich der Eindruck auf, dass das, was relevante grüne Kriterien sein können, teilweise sehr kontrovers diskutiert und interpretiert wird. Woran liegt das?

Becker: Wir erleben in unserer täglichen Praxis, dass Produkte oder Mischfonds angeboten werden, bei denen die Einordnung als sog. Grüne Investments schwierig ist. Hinzu kommt, dass viele der Anbieter nicht über einen nachweislichen Track-Record verfügen, was für uns als institutioneller Anleger aber wichtig ist. Wir teilen das von der Bundesbank geäußerte Anliegen, dass dem sogenannten Greenwashing Einhalt geboten werden muss, indem einheitliche Indikatoren für verantwortliche und nachhaltige Investments festgelegt werden.

Wir sehen aber durchaus, dass sich die Branche derzeit professionalisiert und sich im Zusammenspiel mit Wissenschaft, Forschung und Finanzwirtschaft interessante und investierbare Produkte etablieren. (ah)