DAX im September 2019 - Ausnahme oder Regel?

10.09.2019

Andreas Kern, Gründer und CEO der wikifolio Financial Technologies AG / Foto: © Martina Draper

Durchschnittslinien deuten auf Trendwechsel hin

Ganz anders sieht das sein Trader-Kollege Stephan Beier. Er rechnet tendenziell eher mit fallenden Kursen an den Aktienmärkten. Saisonale Analysen spielen dabei aber keine Rolle, wenngleich er nicht ausschließen will, dass solche statistischen Effekte auch an der Börse hilfreich sein können. Dafür müsse man sie aber in ein systematisches Regelwerk einbinden, damit die Anlageentscheidungen regelgebunden und nicht intuitiv aus dem Bauch getroffen werden.

Seine Skepsis gegenüber den Aktienmärkten macht er an der übergeordneten charttechnischen Konstellation des DAX fest. Dabei orientiert er sich vor allem an den gleitenden Durchschnittslinien: „Sowohl die kurzfristige 50-Tage-Linie als auch die mittelfristige 100-Tage-Linie scheinen derzeit von einem steigenden Trend in einen fallenden, mindestens aber seitwärts gerichteten Trend zu drehen. Darüber hinaus hat die kurzfristige 50-Tage-Linie in der letzten Woche die mittelfristige 100-Tage-Linie von oben nach unten durchbrochen, was tendenziell auch eher auf kurz- bis mittelfristig fallende Kurse hindeutet.“

Der Markt gibt die Richtung vor

Florian Bub wiederum findet saisonale Analysen sehr interessant, insbesondere, wenn man sie mit der aktuellen technischen Lage des Marktes als auch der allgemeinen Marktstimmung verbindet. In der Summe rechnet er aktuell am deutschen Markt nur mit wenigen Chancen auf der Long-Seite, wobei er auch die Belastungen durch den Handelsstreit zwischen den USA und China sowie die zahlreichen Gewinnwarnungen der Unternehmen im Auge hat. Es sei aber die falsche Strategie, sich nur deswegen an die Seitenlinie zu stellen und abzuwarten: „Wie stürmisch der Herbst tatsächlich wird, kann und will ich nicht vorhersagen. Ich werde mir immer vom Markt die Richtung zeigen lassen.“

Die Folgen einer Rezession für die Aktienmärkte

Die zunehmenden Anzeichen für eine wirtschaftliche Abkühlung oder gar eine Rezession sind auch bei den beiden anderen Tradern ein Thema. Die Folgen für die Börsen werden aber wieder ganz unterschiedlich bewertet. Beier geht dabei davon aus, dass die von ihm erwarteten ungemütlichen Zeiten an den Aktienmärkten in den kommenden Wochen und Monaten wahrscheinlich erst die Vorboten für das sind, was im Falle einer tatsächlichen Rezession noch kommen könnte. Zeltner hingegen ist der Meinung, dass in den Kursen vieler deutscher Industrietitel, insbesondere in der Autoindustrie, eine kleine Rezession bereits eingepreist ist. Langfristig orientierte Anleger sollten im Falle einer echten Wirtschaftskrise dem Trader zufolge dennoch eher auf relativ konjunkturresistente Unternehmen wie Nahrungsmittel- und Getränkehersteller oder Restaurantketten setzen: „Alle Firmen in diesen Consumer-Bereichen werden in den nächsten Jahrzenten enorm vom weltweiten Bevölkerungswachstum profitieren – unabhängig von all den Konjunktursorgen.“

Kolumne von Andreas Kern, Gründer und CEO von wikifolio.com