Das große Auf und Ab

14.10.2022

Foto: © Jelena - stock.adobe.com

Die Inflation hat auch den Bereich Baufinanzierung fest im Griff. Die Bauzinsen haben infolge der Teuerung und entsprechenden Leitzinsanpassungen seit Jahresbeginn eine regelrechte Berg- und Talfahrt hinter sich. Während sie im Januar noch bei 1 % lagen, sind sie mittlerweile durchschnittlich auf 3,03 bis 3,25 % geklettert (Stand: 01. September 2022, Quelle: Sparkasse). Obwohl im August eine kurze Erholung in Sicht war, nähern sie sich jetzt wieder Höchstständen – mit entsprechen- den  Auswirkungen auf die Märkte.

Neben der Leitzinsanpassung der EZB auf 1,25 % als Reaktion auf die Inflation sieht Baufinanzierungsexperte Tomas Peeters, CEO von Bilthouse und Baufi24, im sogenannten „antizyklischen Kapitalpuffer für Wohnimmobilienkredite“ einen weiteren wichtigen Faktor für die aktuellen Entwicklungen. „Dieser sichert die Bank gegen den Fall einer Immobilienblase und damit verbundene Kreditausfälle ab. Die BaFin verlangt von baufinanzierenden Kreditinstituten, diesen Puffer bis Februar 2023 von 0 auf 0,75 % der risikogewichteten Aktiva anzuheben. Als Folge verteuert sich der Kreditzins um etwa 0,1 %," erklärt Peeters. Zudem merke man bereits seit Januar, dass Banken die Kriterien bei der Kreditvergabe anziehen würden. Persönliche Situation, Haushaltsrechnung und Immobilienbewertung würden  strenger begutachtet werden. Damit platzt für viele Menschen in Deutschland der Traum vom Eigenheim. Denn grundsätzlich ist es im aktuellen Umfeld insgesamt schwieriger, überhaupt eine entsprechende Finanzierung zu erhalten, hohe Zinsen und Tilgungsraten tun ihr Übriges. So ist es für viele unmöglich geworden, einen Immobilienkredit zu stemmen. Diese Entwicklung hat auch Peeters beobachtet. Der Baufi24-CEO sieht aber auch Trends, die auf eine Entspannung der Lage hindeuten: „Die Baukosten stabilisieren sich langsam, während der Fachkräftemangel seinen Höhepunkt überschritten zu haben scheint – auch Handwerker sind wieder eher verfügbar“, so Peeters.

Stabilität trotz Unsicherheit

Robert Annabrunner, Leiter Drittvertrieb, Deutsche Bank – Privatkundenbank Deutschland, sieht eine große Unsicherheit in der Gesellschaft in Bezug auf kommende Wirtschaftsentwicklungen. Angesichts der teureren Baufinanzierungen sei es nicht verwunderlich, dass sich private Haushalte beim Kauf von Immobilien zurückhielten. „Fakt ist aber auch, dass Wohnraum in Deutschland knapp ist und vielerorts ein deutlicher Nachfrageüberhang besteht. Angesichts viel zu niedriger Fertigstellungszahlen wird sich daran in absehbarer Zukunft auch nichts ändern. Darum rechnen wir damit, dass die derzeitige Situation am Wohnimmobilienmarkt nicht von Dauer sein wird, sondern nur eine temporäre leichte ‚Preisdelle‘ darstellt“, so Annabrunner. Thomas Hein, Leiter Vertrieb Immobilienfinanzierung bei der ING, sieht zudem positive Entwicklungen: „Bezogen auf die ING Deutschland betrug das Bestandsvolumen in der Baufinanzierung zum Ende des 2. Quartals 2022 rund 85,9 Mrd. Euro (Q2 2021: 82,3 Mrd. Euro). Das Netto-Wachstum zeigte sich dank einer hohen Anzahl an Prolongationen und Anschlussfinanzierungen mit 1,8 Mrd. Euro im 2. Quartal stabil (Q2 2021: 1,1 Mrd. Euro.).“ Dennoch wagt Hein kaum eine Prognose für die kommenden Monate. Viele unsichere Rahmenbedingungen sorgten für Volatilität. „Wir gehen von weiteren Zinserhöhungen bis zum Jahresende aus, allerdings nicht mehr in der Größenordnung, wie wir sie im 3. Quartal gesehen haben.“

Weiter auf Seite 2