Darum droht kein Börsencrash
10.10.2018
Gottfried Urban, Vorstand der Bayerische Vermögen AG / Foto: © Bayerische Vermögen AG
Die Weltwirtschaft wächst im kommenden Jahr langsamer, prognostiziert der Internationale Währungsfonds (IWF). Handelsstreits, Inflationstendenzen in den USA, das drohende Ende der Niedrigzinsphase und die schiere Länge der nun schon mehr als neun Jahre anhaltenden Aktien-Hausse lassen immer mehr Auguren von deren kurz bevorstehendem Ende orakeln. Also jetzt raus aus Aktien?
Natürlich wird es wieder zu einem wirtschaftlichen Abschwung kommen. Nur wann und wie kräftig dieser sein wird, das weiß leider kein Mensch. Auch kann niemand genau weiß, wie sich das auf das eigene Depot auswirken wird. Wie stark Aktienkurse fallen, hängt auch davon ab, ob die Titel im Depot als relativ teuer gelten oder besonders spekulativ sind.
Wie stark könnten die Kurse fallen? Kurz vor dem Ausbruch der Finanzkrise lagen deutsche Aktien etwa 20 Prozent über ihrer fairen Bewertung. Im Jahr 2000 lag die Überbewertung bei 60 Prozent. Ein Absturz der Kurse in schweren Krisen führt zu einer deutlichen Unterbewertung von Märkten. Die Crashs von 2000 bis 2003 und 2008/2009 führten zu einer historischen Unterbewertung.
Ein Crash zum Ende der Hausse ist jedoch nur eines von verschiedenen möglichen Szenarien. Wenn die Kurse eines Marktes - wie derzeit - in der Nähe des fairen Wertes lagen, kam es zu Kursrückgängen bis maximal 20 Prozent. Ausgehend von historischen Mustern, sollte der deutsche Aktien vom Hoch nicht mehr als ein Fünftel verlieren. Das würde einem Kursniveau von leicht unter 11.000 Punkten entsprechen. Wer sich ein gutes Timing zutraut, der kann versuchen, um zehn Prozent billiger in den Markt zu kommen.
Es schadet in keinem Fall, für eventuelle weitere Kursrückgänge etwas Bargeld zu halten. Das bedeutet nicht, dass man alle Aktien verkaufen sollte. Der erfolgreichste Anleger des 20. Jahrhunderts, Warren Buffet, verkauft Aktien in großem Stil nicht wegen einer eingetrübten Konjunktur oder politischer Unsicherheiten. Er stellt die Investmententscheidung alleine auf das Unternehmen und dessen Perspektiven ab.
100 Prozent Bargeld zu halten ist eine Option, die unter Umständen sogar richtig viel Geld kosten kann. Was passiert, wenn die Kurse explodieren, ähnlich wie 1996, als der DAX mit über 2.000 Punkten einen neuen Rekord erreichte? Bis zum Jahr 2000 vervierfachte sich anschließend der Index noch wegen der Telekomblase. Von solcher Euphorie, die ein typisches Zeichen für das nahe Ende einer Hausse ist, sind die europäischen Aktienmärkte derzeit noch weit entfernt.
Kolumne von Gottfried Urban Vorstand der Bayerische Vermögen AG