Daran scheitern 50 % der Leistungsfälle

06.04.2020

Stephan Kaiser, BU-Expertenservice (links) / Thorben M. Jöhnke, Anwalt (rechts)

finanzwelt: Wie ist das jetzt eigentlich mit der Haftung? Was passiert da so am häufigsten bei Maklern? Jöhnke» Der Versicherungsvermittler ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Versicherungsnehmer durch die Verletzung einer Vermittlerpflicht entsteht. Dies gilt nicht, wenn der Vermittler die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (siehe § 63 VVG). Demnach ist es in der Tat so, dass der Vermittler haftet, sofern er eine Pflichtverletzung begangen hat und ein kausaler Schaden entstanden ist oder zumindest entstehen könnte. Kaiser» Das häufigste Problem ist die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung. Das ist, wenn der Vertrag jünger als 10 Jahre ist, das Erste, das der Versicherer prüft. Ich erlebe in meiner Praxis (die sicherlich nicht repräsentativ ist), dass mindestens 50 % der Leistungsfälle hieran scheitern oder zumindest größte Probleme verursachen. Jöhnke» Bei einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht kommt es für eine Vermittlerhaftung darauf an, ob der Vermittler Kenntnis von den gesundheitlichen Umständen des Kunden hat und er z. B. Krankheiten ‚bagatellisiert‘. Hier hat der Makler die Pflicht, mit dem Kunden zusammen wahrheitsgemäße Angaben zu machen und ggf. mittels Risikovoranfragen mit der Versicherung zu klären, ob der Kunde versicherbar ist. Anderenfalls hat der Makler anderweitigen Versicherungsschutz zu besorgen. Wenn ich keine Berufsunfähigkeits-Versicherung verkaufe, dann kann ich das aber auch nicht einfach so stehen lassen. Ich muss dokumentieren, warum der Kunde nicht gekauft hat. Denn sollte der Kunde mal berufsunfähig werden, dann geht es um seine Existenz. Da wird er sich in der Regel nicht mehr erinnern wollen, dass es damals seine Entscheidung war, keine Versicherung abzuschließen, wenn er die Chance hat, Geld zu bekommen, wenn er sich viel eher daran erinnert, dass der Vermittler die Versicherung nicht angeboten hat.

finanzwelt: Dokumentation ist also wichtig, um Haftung zu vermeiden. Kann ich als Vermittler auch noch im Leistungsfall Fehler machen, aus denen mir Haftung entstünde? Kaiser» Aber selbstverständlich. Man kann beispielsweise Meldefristen versäumen. Oder Verjährungsfristen durch unkluges Handeln hemmen, etwa durch unüberlegte Leistungsmeldungen. Man kann den Leistungsantrag auf einem falschen Leistungszeitpunkt oder einen falschen Beruf aufbauen; dies ist ein gar nicht so triviales Problem wie viele glauben. Nicht umsonst ist die Wirkungsweise der BU-Versicherung geprägt durch Rechtsprechung. Und die sollte man kennen, wenn man Leistungsfälle angeht. Jöhnke» Tatsächlich lassen sich viele Leistungsfälle wunderbar außergerichtlich regeln. Zum einen erkennen Versicherungen auch viele Leistungsfälle an. Zum anderen lassen sich durch einen versierten Versicherungsberater und/oder Rechtsanwalt viele Angelegenheiten ‚friedlich‘ und für die Kunden zufriedenstellend lösen. Gerade auch die Zusammenarbeit zwischen dem BU-Expertenservice und der Kanzlei Jöhnke & Reichow bringt den Kunden Mehrwerte ‚aus einer Hand`. Zum Glück für die Vermittler geht es aber in den allermeisten Fällen darum, den Versicherer zur Leistung zu bewegen. Klagen gegen die Vermittler sind seltener und lassen sich mit einer guten Dokumentation auch vermeiden. (lvs)