Daimler im Visier der Anleger

20.02.2020

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Geschädigt wurden aber nicht nur die Autokäufer, sondern auch die Investoren, welche in gutem Glauben Aktien oder Anleihen des Unternehmen gekauft hatten, die sodann infolge des – zunächst scheibchenweisen – Bekanntwerdens des Daimler-Abgasskandals erhebliche Kursverluste erlitten haben. In dem Zeitraum 10. Juli 2012 bis 20. Juni 2018 (sog. Desinformationsphase) sank der Kurs der Daimler-Aktie von über 90 Euro auf unter 60 Euro.

Die entstandenen Verluste sind nun Gegenstand der im Dezember 2019 eingereichten Investorenklage, welche im Namen diverser Banken, Kapitalverwaltungsgesellschaften, (Rück-)Versicherungsgesellschaften sowie Staats- und Pensionsfonds aus Deutschland, weiteren Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Nordamerika, Asien und Australien eingereicht wurde. Die klagenden Investoren werfen Daimler die Verletzung kapitalmarktrechtlicher Pflichten im Zusammenhang mit dem Dieselskandal vor. Der Vorwurf lautet, dass Daimler die Verwendung illegaler Abschalteinrichtungen in seinen Diesel-Fahrzeugen und die hiermit verbundenen Risiken und Kosten für den Konzern dem Kapitalmarkt in dem Zeitraum 10. Juli 2012 bis 20. Juni 2018 verschwiegen und diesen über die wahren Umstände getäuscht hat.

Zur Durchsetzung ihrer Forderungen gegen Daimler streben die Investoren ein Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) an. Die TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH („TILP“) hatte bereits im Juni 2018 eine erste Klage für einen privaten Anleger gegen Daimler erhoben und gleichzeitig die Einleitung eines KapMuG-Verfahrens beantragt. Das Landgericht Stuttgart hat diesen Antrag für zulässig erachtet und öffentlich bekannt gemacht. Nachdem in der Folgezeit auch alle weiteren formellen Voraussetzungen für die Durchführung eines Musterverfahrens erfüllt wurden und zwischenzeitlich mehrere Hundert Privatanleger und institutionelle Investoren Klagen eingereicht haben , wird der Erlass eines Vorlagebeschlusses, welcher den Startschuss für das Musterverfahren darstellt, alsbald erwartet. Das Musterverfahren gegen Daimler könnte noch vor der Sommerpause beginnen.

Für die Anleger bietet die Durchführung eines Musterverfahrens den großen Vorteil, dass dort alle Kläger gemeinsam für ihr Recht kämpfen, statt in den jeweiligen Einzelklagen auf sich gestellt zu sein. Das Musterverfahren erhöht somit die Chance, die Forderungen gegenüber Daimler erfolgreich durchsetzen zu können.

Praxistipp

Sobald das Musterverfahren gegen Daimler beginnt, besteht für diejenigen geschädigten Anleger, die noch keine Klage gegen Daimler erhoben haben, die Möglichkeit, ihre Ansprüche innerhalb einer Frist von sechs Monaten beim Oberlandesgericht anzumelden. Gegenüber einer eigenen Klage ist die Anmeldung die kostengünstigere Variante, um seine Rechte zu wahren. Zu beachten ist, dass die Anmeldung nur durch einen Rechtsanwalt vorgenommen werden kann (sog. „Anwaltszwang“).

Gastbeitrag von Axel Wegner, Rechtsanwalt TILP Rechtsanwaltsges. mbH