Corona öffnet die Schere weiter

12.05.2020

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Ungleichheit wird zementiert

Mehr Rücklagen als vor der Krise bilden Menschen, die über ein ohnehin schon höheres Einkommen verfügen. So gaben 14 % der Befragten mit einem Haushaltsnettoeinkommen von mindestens 2.500 an, dass sie heute mehr sparen würden als sonst. Von den Personen mit einem niedrigeren Einkommen tut dies nur jeder zehnte. Zudem stellen überdurchschnittliche viele Menschen mit einem vergleichsweise geringen Einkommen das Sparen ein: So greifen derzeit 15,4 % der Befragten mit einem geringen Einkommen derzeit auf ihre Ersparnisse zurück, bei den Haushalten mit einem Einkommen von weniger als 1.500 Euro ist das sogar für jeden Vierten der Fall. Hingegen sind gerade einmal 2 % der Befragten mit einem Einkommen von mehr als 2.500 Euro aufgrund der Krise gezwungen, ihre Ersparnisse anzufassen. „Zwar trifft die Krise sämtliche Bevölkerungsschichten, finanziell Bessergestellte sind allerdings eher in der Lage, Einbußen abzufedern und Verluste auszugleichen“, meint Karsten Ruch.

Schlechte Zeiten für Familien

Vor allem Familien leiden unter den finanziellen Folgen der Corona-Krise. So zeigt die Umfrage, dass Befragte zwischen 30 und 39 Jahren auffallend häufig finanzielle Einschränkungen hinnehmen müssen. 37 % gaben zudem an, dass ihr Einkommen durch die Krise geschmälert wurde, für 7 % sind diese Einbußen sogar existenzbedrohend. Viele junge Familien haben bereits in normalen Zeiten ein eng kalkuliertes Budget. "Durch die Schließung von Kindertagesstätten und Schulen sind sie ganz besonders gefordert, Kinderbetreuung und Arbeitsalltag unter einen Hut zu bekommen – was offenbar häufig nicht ohne Einkommensverluste machbar ist“, so Karsten Rusch. „Familien werden durch die Krise finanziell benachteiligt: Während nur 18 % der Singlehaushalte finanzielle Verluste verzeichnen, haben 57 % der Haushalte mit drei und mehr Personen mit Einbußen zu kämpfen“, so der Postbank-Experte weiter.

Eine Chance am Aktienmarkt – vor allem für die Reichen

Während Daten wie Arbeitslosenzahlen oder Wirtschaftswachstum immer erst im Rückblick für einen längeren Zeitraum erhoben werden, bilden die Aktienmärkte hingegen täglich den Verlauf der Wirtschaft ab. Die aktuell niedrigen Kurse bieten Möglichkeiten, günstig am Aktienmarkt einzusteigen. So blieb der Anteil der Wertpapierbesitzer im Vergleich zur Vorjahresumfrage auf dem gleichen Niveau von 30 %, zugleich hat sich aber der Anteil besser situierter Anleger verbessert. So gaben bei der aktuellen Umfrage 41 % der Haushalte mit einem Einkommen von mehr als 2.500 Euro an, in diesem Jahr bereits Aktien und Fonds gekauft zu haben, eine Steigerung um fünf Prozentpunkte gegenüber der Vorjahresumfrage. Bei den Personen mit einem Einkommen von über 3.500 Euro stieg der Anteil sogar um acht Prozentpunkte auf 45 %. Deutlich weniger genutzt werden die niedrigen Aktienkurse hingegen von Personen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 2.500 Euro. Von diesen waren nur 18 % im Jahr 2020 bereits am Aktienmarkt aktiv, vier Prozentpunkte weniger als bei der Vorjahresumfrage. „Wer wenig Geld zum Sparen zur Verfügung hat, dem fehlen die finanziellen Reserven, um Geld langfristig etwa in Wertpapieren anzulegen. Chancen, die durch Kursschwankungen an der Börse entstehen, können so nicht wahrgenommen werden. Gleichzeitig verlieren die Ersparnisse auf dem Giro- oder Sparkonto durch die Inflation kontinuierlich an Wert, was den finanziellen Spielraum noch weiter verkleinert", so Karsten Rusch. (ahu)