Corona ist keine Disruption für Immobilienmärkte!

08.05.2020

Christian Vogrincic, Gründer und Vorstand der CV Real Estate AG / Foto: © CV Real Estate AG

Hotelimmobilien und Retail am stärksten betroffen

Am gravierendsten betroffen sind derzeit sicherlich die Nutzungsklassen Hotel und Retail. Allerdings ist selbst im Hotelsektor, wo Häuser seit Wochen komplett leer stehen, bei der Verhandlung von Zukunftsprojekten kein merklicher Preisverfall spürbar. Die dezentrale Struktur Deutschlands mit seinen Business-Zentren kommt dem nationalen Markt hier sicherlich zugute, aber auch, dass selbst reine Business-Hotels mit rund 25 % touristischen Reisen rechnen. Hier wird sich das alte Marktniveau schnell wieder einpendeln. Ähnlich sieht es beim Thema Shopping aus. Natürlich hat die Krise Überläufer mit sich gebracht, die das Online-Einkaufen jetzt für sich entdecken. An der grundsätzlichen Attraktivität und Anziehungskraft der Innenstädte als Orte der Begegnung und des physischen Einkaufserlebnisses wird dies aber nichts ändern.

Katalysator für grundsätzliche Trends

Allerdings würde ich unterschreiben, dass die Corona-Krise bestimmte Trends, die es aber schon vorher gab, noch einmal beschleunigen wird. Innenstädte als Einkaufserlebnis für High-Involvement-Produkte, mehr Gastronomie und weniger Retail in den Zentren und der beschleunigte Niedergang von kritischen und wackelig finanzierten Konzepten, wie beispielsweise der Systemgastronomie. Möglicherweise auch ein schnellerer Schub im Bereich Showrooming und der damit verbundenen Last-Mile-Logistik, wobei sich hier noch keine eindeutige Prognose abgeben lässt.

Kein Tod von Büros, Reisen und Mobilität

Was wir allerdings definitiv sagen können, ist, dass die Corona-Krise auch langfristig keinen oder nur einen marginalen Einfluss auf die Office-Märkte in Deutschland haben wird. So spüren wir aktuell sogar unverminderte Nachfrage im Investmentbereich und auch Projektentwicklungen sind nicht betroffen. Und auch wenn Work@home-Konzepte ein wichtigeres Element werden, vor allem um Flexibilität für Arbeitnehmer zu schaffen, hat die Krise auch gezeigt, dass virtuelles Arbeiten nie Ersatz für Zusammenarbeit vor Ort und echte soziale Kontakte sein kann. Ähnlich sieht es bei Geschäftsreisen aus. Video-Konferenzen können den Wert eines physischen Treffens nicht ersetzen, und dass sich Menschen face-to-face sehen möchten, liegt in unserer Natur. Vor allem in dezentralen Märkten wie Deutschland wird die Reisetätigkeit deshalb schnell wieder hochfahren. Was sich allerdings beschleunigen wird, ist die Umsetzung neuer innerstädtischer Verkehrskonzepte, denn wenn die Corona-Krise eines gezeigt hat, dann, wie attraktiv unsere Zentren sind, wenn der Verkehr beruhigt ist.

Perspektiven nötig

Wichtig ist, dass Deutschland nun geordnet aus der Krise kommt, und vor allem, dass den Märkten und Unternehmen Perspektiven aufgezeigt werden. Eine wichtige Rolle kommt dabei den Banken zu, die jetzt mit gutem Beispiel vorangehen und den Markt mit frischem Geld fluten müssen, anstatt sich weiter in Zurückhaltung zu üben. Die deutsche Industrie und insbesondere Schlüsselbranchen wie Automobil- und Luftfahrt müssen nun absoluten Rückenwind erhalten, ohne dass schon wieder dogmatische Umwelt- und CO2-Diskussionen angezettelt werden. „Keine Ökologie ohne Ökonomie“ muss jetzt mehr denn je gelten. Dann bin ich sicher, dass sich die Märkte rasch erholen werden und Deutschland weitgehend so leben wird und kann wie vor der Krise."

Gastbeitrag von Christian Vogrincic, Gründer und Vorstand der CV Real Estate AG