Büroimmobilien kritischer betrachten

03.07.2020

Burkhard Theyssen, Vorstand Dahlke Immobilien AG / Foto: © Dahlke Immobilien AG

Immobilie immer nur Mittel für einen bestimmten Zweck

Es ergibt aber auch Sinn, eine alternative Haltung in dieser Frage zu entwickeln und den Büroimmobilienmarkt wesentlich kritischer zu betrachten als viele Branchenbeobachter dies tun. Denn viele Unternehmen haben bereits nach wenigen Monaten festgestellt, dass Home Office-Lösungen keinen Notnagel während einer außergewöhnlichen Krisensituation darstellen, sondern einen nicht unerheblichen Teil der Zukunft der Arbeit. Die Unternehmen haben ihre Strukturen zunächst zwangsläufig auf Home Office-Lösungen und digitale Kommunikation umgestellt, aber spüren bereits mehr und mehr, dass diese Modelle absolut tragfähig sind. Warum sollten sie also dauerhaft wieder zur alten Arbeitswelt zurückkehren und große Flächen vorhalten, wenn die Mitarbeiter doch zuhause genauso effizient arbeiten und sogar Anfahrtszeiten entfallen? Dazu kommt: Durch die zahlreichen, sehr professionellen digitalen Kommunikationsmöglichkeiten sind Videotelefonate und Konferenzen jederzeit möglich und unterliegen keinen Beschränkungen. Daher sind physische Meetings nicht mehr so zwingend wie in der Vergangenheit.

Das wiederum wird dazu führen, dass sich die beeindruckenden Zahlen bei Büroimmobilien der Vergangenheit in Zukunft kaum wieder erreichen lassen werden. Daher sollten Anleger, aber natürlich auch Finanzberater und Vermögensverwalter, ihre Real Estate-Engagements genau hinterfragen. Eine Immobilie ist immer nur eine Hülle, ein Mittel für einen bestimmten Zweck. Daher muss dieser Zweck auch dauerhaft zu erfüllen sein, weil sonst die notwendige Rendite nicht kontinuierlich gewährleistet werden kann – eine stabile Wirtschaftlichkeit des Investments lässt sich nur herstellen, wenn irgendjemand die Immobilie mieten will, weil er darin seinen Geschäften nachgehen kann. Insofern ist es wichtig, genau zu überlegen, ob eine bestimmte Immobilie in Zukunft noch so genutzt werden kann, wie es ursprünglich einmal geplant war.

Mietrenditen bei vielen Gewerbeflächen werden sinken

Das ist aber eben besonders bei vielen gewerblichen Immobilien mittlerweile fraglich – sind die Mitarbeiter dezentral organisiert und finden Meetings digital statt, schrumpfen die benötigten Flächen für Unternehmen schlichtweg zusammen. Das ist gut für die Kosten- und Organisationsstruktur der Firmen, aber eben ungünstig für Investoren. Für sie bedeutet das nämlich vor allem, dass die Mietrenditen bei vielen Gewerbeflächen zwangsläufig sinken und die Tendenz der Vorjahre ins Gegenteil verkehren werden.

Investoren sollten daher ihre Real Estate-Allokationen genau überdenken und nach einer professionellen, zukunftsorientierten Analyse gegebenenfalls versuchen, solche Büroobjekte und Beteiligungen schnell zu verkaufen. Denn wenn sich der durch Corona stark beschleunigte Trend durchsetzt, werden neben den Mieteinnahmen auch die Preise für diese Immobilien fallen. Das kann die Vermögensverwaltung beschädigen und sollte entsprechend kalkuliert werden. Ein aktiver, leidenschaftsloser Umgang mit Büroimmobilien-Investments ist daher absolute Pflicht für Investoren und deren Berater, damit das Betongold auch dauerhaft glänzt.

Gastbeitrag von Burkhard Theyssen, Vorstand Dahlke Immobilien AG