BSV: Versicherer müssen zahlen!

01.07.2021

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Seit dem ersten Lockdown im vergangenen Frühjahr war das Thema Betriebsschließungsversicherung immer wieder Streitpunkt zwischen Unternehmenskunden und Versichern. Das OLG Karlsruhe hat nun ein für die Versicherungsnehmer positives Urteil gefällt.

Mitte März vergangenen Jahres gab es etwas, was sich wohl selbst die größten Pessimisten in ihrem schlimmsten Horrorszenarien nicht hätten ausmalen können: Alle Hotels, Restaurants und Geschäfte des nicht-täglichen Bedarfs mussten für Wochen ihre Pforten schließen. Genau für solche Fälle hatten viele Unternehmer eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen. Jedoch verweigerten viele Versicherer die Leistung, unterbreiteten Zahlungsangebote, die mit denen die Versicherungsnehmer nicht zufrieden waren oder kündigten sogar die Police. Oft wurde damit argumentiert, dass der in den Versicherungsbedingungen Covid-19 nicht explizit als Leistungsauslöser genannt sei (was damit zusammenhängt, dass die Krankheit eben erst seit Anfang 2020 und damit erst nach Abschluss der meisten Verträge bekannt ist). Eine Vielzahl dieser Fälle betreut die u.a. auf Versicherungsrecht spezialisierte Kanzlei Wirth Rechtsanwälte, die nun über ein Urteil informiert, das den Betroffenen Hoffnung macht. So hat der 12. Senat des Oberlandesgerichts Karlsruhe gestern entschieden, dass in einer Betriebsschließungsversicherung auch dann Versicherungsschutz besteht, wenn die Schließung durch einen coronabedingten Lockdown erfolgt. Im konkreten Fall ging es um die Schließung eines Hotels mit angeschlossener Gaststätte. In den Versicherungsbedingungen, die sich nahezu identisch auch in anderen BSV-Policen finden lassen, wurde mehrfach auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG) Bezug genommen und bestimmt, dass eine Entschädigung für eine Betriebsschließung „beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger (siehe Nr. 2)“ geleistet wird. Die „Nr. 2“ enthielt dann einen Katalog auf die „folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserreger“, wobei Sars-COV-2 bzw. Covid-19 dort nicht aufgeführt waren.

Das Gericht erklärte, dass die Begrenzung auf diesen Katalog nicht hinreichend klar und verständlich erfolgte und daher unwirksam sei. Besonders herausgestellt wurde, dass durch die mehrfache Nennung des Infektionsschutzgesetzes dem Versicherungsnehmer der Eindruck vermittelt worden sei, dass jede aufgrund dieses Gesetzes erfolgte Betriebsschließung vom Versicherungsschutz erfasst sei. Demgegenüber werde dem Versicherungsnehmer nicht deutlich vor Augen geführt, dass in der Nr. 2 eine Beschränkung des Versicherungsschutzes enthalten sei. Die Richter stellten zudem klar, dass auch die vielfach verwendeten Allgemeinverfügungen den Versicherungsfall auslösen und es unschädlich sei, dass SARS-Cov-2 und Covid-19 erst im Mai 2020 im Infektionsschutzgesetz als meldepflichte Krankheit geregelt wurden. Zuvor wurden sie lediglich im Rahmen einer Verordnung als meldepflichtige Krankheit bzw. meldepflichtigen Krankheitserreger geregelt.

„Nachdem jüngst mehrere Oberlandesgerichte in vergleichbaren Fällen zu erkennen gegeben haben, dass kein Versicherungsschutz bestehen soll, ist dieses Urteil umso mehr zu begrüßen. Es zeigt, dass die rechtliche Entwicklung weiterhin sehr dynamisch ist. Letztlich wird abschließend darüber der Bundesgerichtshof entscheiden. Wir sind optimistisch, dass auch der BGH die so auch von Beginn an durch uns vertretene Rechtsauffassung bestätigen wird“, so Fachanwalt für Versicherungsrecht Tobias Strübing, Partner der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte. (ahu)