"Briten sind kein gutes Vorbild"

15.05.2019

Johannes Sczepan, Geschäftsführer der Plansecur-Gruppe / Foto: © Plansecur

„Warum geht es nur den Vermittlern an den Geldbeutel?“

Der Plansecur-Chef widerspricht zudem anhand eines Beispiels der „Mär von märchenhaften Provisionen“. „Für einen durchschnittlichen Vertrag mit einem Monatsbeitrag von 100 Euro bei einer Laufzeit von 30 Jahren erhält der Vermittler aus einem Gesamtbeitragsvolumen von 36.000 Euro eine Provision von 900 Euro. Dafür erbringt er nicht nur die Beratungsleistung, häufig in mehreren Gesprächen, sondern hat auch die gesetzliche Pflicht, den Kunden 30 Jahre lang zu betreuen. Bei Heirat, Scheidung, Kindern, Umzug oder Beitragsfreistellung muss der Berater tätig werden. Daraus ergibt sich im Durchschnitt ein Stundenlohn von 60 Euro brutto für den Vermittler. Das ist angemessen und keineswegs überzogen.“ Sczepan legt dabei folgende Zeitansätze zugrunde: Das Beratungsgespräch selbst dauert zwei Stunden, für die Vor- und Nachbearbeitung der Kundenfragen veranschlagt er noch einmal eineinhalb Stunden, genau wie für die An- und Abfahrt. Zudem veranschlagt er für die Betreuung über 30 Jahre hinweg zehn Stunden Arbeitsaufwand. Der Plansecur-Geschäftsführer verweist außerdem darauf, dass durch das 2014 in Kraft getretene LVRG eine Deckelung der Vermittlervergütung auf 2,5 % aller Beiträge, die eine Kunde über die Laufzeit eines Vertrages zahlt, bereits vorgeschrieben ist. Er stellt sich zudem die Frage, warum ausgerechnet der Berufsstand der Finanzberater im Zentrum der Diskussion um gerechte Löhne steht. „Heute werden die Einkommen von Finanzberatern beschnitten; sind morgen die Provisionen von Autoverkäufern, übermorgen die Stundensätze von Handwerkern und alsbald von Freiberuflern aller Art an der Reihe?“ fragt Johannes Sczepan und erbost sich: „Wenn wir der politischen Mindestlohndebatte eine neue Höchstlohndebatte hinzufügen wollen, wäre eine Deckelung der Bezüge von Politikern oder Dax-Vorständen wohl angebrachter, sofern man Gerechtigkeit anstrebt.“

Briten als Vorbild? Nein, danke!

Die Auswirkungen eines Provisionsverbots sind nicht bloß graue Theorie und Schwarzmalerei. Ein Blick nach Westen genug, um einen empirischen Beweis für die Auswirkungen dieser Maßnahme zu erhalten. So wurde in Großbritannien im Jahr 2013 die Provisionen in der Altersversorgung verboten. Nach Auskunft des britischen Finanz- und Wirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2016 sind seitdem zwischen 19 und 35 Mio. Menschen (zur Einordnung: dort leben ca. 66 Mio. Menschen) dort von der Finanzberatung praktisch abgeschnitten, weil sie nicht willens oder fähig sind, das dafür fällige Honorar zu bezahlen. Da konnte auch nicht helfen, dass die Regierung überlegt hatte, dass der Berater mit seinem Kunden eine Ratgebergebühr vereinbaren kann, die aus einem Finanztopf der Versicherungen vorfinanziert wird. Dieses Modell gilt als gescheitert, weil es als zu umständlich und zu praxisfern beurteilt wird. „Wir sollten uns an Großbritannien wahrlich kein Beispiel nehmen“, meint Johannes Sczepan: „Das Land zeigt gerade mit dem Brexitchaos, wie man es nicht machen sollte.“ (ahu)

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