Börsenhistorie: Ein Crash-Vergleich
27.04.2020
Dr. Marc-Oliver Lux, Geschäftsführer Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München / Foto: © Dr. Lux & Präuner
Mit einem Verlust von 42 Prozent in vier Wochen erlebt der deutsche Aktienindex DAX das schwärzeste Börsenkapitel in seiner 33-jährigen Geschichte. Nie zuvor stürzte er in so kurzer Zeit so stark ab. Und der Vergleich mit älteren Krisen mahnt zur Vorsicht.
Jeder Crash ist anders, doch bestimmte Mechanismen wiederholen sich. Sie zu vergleichen lohnt sich, auch um Signale für ein mögliches Ende der Talfahrt zu erkennen. Zwei Trends lassen sich ausmachen: Oft dauerte es nach Beginn eines Crashs nur wenige Wochen, bis die Kurse wieder ihr Ursprungsniveau erreicht hatten. Das macht Hoffnung für 2020. Aber nur auf den ersten Blick. Denn viele andere Börsenabschwünge weiteten sich nach einem ersten Crash zu einem langen und nervenzehrenden Abschwung aus. Dieser fiel stets umso stärker und länger aus, je höher die Aktien vor Beginn eines Crashs bewertet waren. Daran gemessen steht eine baldige Erholung auf wackligen Beinen.
Am häufigsten wird der aktuelle Börseneinbruch mit dem von der Lungenkrankheit SARS hervorgerufenen Crash vor 17 Jahren verglichen. Damals verlor der DAX zwischen seinem Hoch und Tief 33 Prozent. Also etwa ähnlich viel wie diesmal. Allerdings taugt der Vergleich kaum: Weit mehr als SARS strapazierte damals der drohende Golfkrieg mit der Truppenintervention der Amerikaner die Nerven der Anleger. Die Erholung ab März 2003 folgte prompt und nachhaltig, als sich ein rascher Sieg der Amerikaner und der verbündeten Staaten abzeichnete. SARS geriet in den Hintergrund. Obendrein waren Aktien bei Ausbruch der SARS-Epidemie Ende 2002 sehr niedrig bewertet, weil die Kurse bereits mehr als eineinhalb Jahre tief gefallen waren.
Computercrash 1987: Ein fallender Dollar-Kurs, das steigende Handelsbilanzdefizit der USA, die angespannte Lage im Nahen Osten und höhere Ölpreise lösten am 19. Oktober 1987 den "Schwarzen Montag" aus: Der Dow-Jones-Index verlor 22,6 Prozent. Der gerade ins Leben gerufene DAX brach um ein Viertel ein. Ursache des größten Tagesverlusts aller Zeiten waren nicht ausgereifte computergesteuerte Verkaufsprogramme. Erst 1989 erreichten die Kurse wieder ihr Vorkrisenniveau. Grund für die lange Zeit ausbleibende Erholung waren überteuerte Aktien: Gemessen an den Unternehmensgewinnen und dem bilanzierten Eigenkapital waren die Gesellschaften - und heruntergerechnet ihre Anteilsscheine - doppelt so hoch bewertet wie im langjährigen Durchschnitt. Das machte die Börsen anfällig für den Crash und den sich anschließenden "Bärenmarkt". Davon sprechen Börsianer, wenn die Indizes um mehr als 20 Prozent gegenüber ihrem Hoch verlieren.
Weiter auf Seite 2