„Big Techs“ verzerren die Börsenwirklichkeit
03.01.2022
Gottfried Urban, Urban & Kollegen Vermögensmanagement, Altötting / Foto: © Urban & Kollegen Vermögensmanagement
Die sogenannten FANGMAN-Aktien (Facebook, Apple, Netflix, Google, Microsoft, Amazon, Nividia) genießen seit einiger Zeit – durchaus gerechtfertigt – hohe Aufmerksamkeit. Das hat jedoch dazu geführt, dass die Titel zu hoch bewertet und dadurch auch in den Börsenindizes übergewichtet werden.
Verstärkt wird die Entwicklung durch den Trend zu Nachhaltigkeitsinvestments. Denn genau diese Firmen besitzen auf den ersten Blick eine gute CO2-Bilanz. Die Überbetonung der Big-Techs in den Indexprodukten scheint ähnlich wie um die Jahrtausendwende aus dem Ruder zu laufen.
Die Dominanz weniger Aktien in den Indizes wird für Anleger zum Zwang, genau diese Werte im Depot halten zu müssen. Die Geschichte wiederholt sich bekanntlich: Um die Jahrtausendwende waren es Telekommunikationsaktien, kurz vor der Finanzkrise 2007 Rohstoff- und Banktitel und Ende der 1980er Jahre japanische Aktien, die in den Börsenindizes (zu) stark gewichtet waren. Die sogenannten Nifty Fifty Unternehmen (McDonalds, Walt Disney, Coca-Cola usw.) waren Anfang der 1970er Jahre völlig überteuert. Die Dominanz in den Börsenindizes bedeutete immer auch extrem hohe Bewertungen für genau diese Aktien. War der Hype vorbei, brachen die Bewertungen ein und die Favoriten wechselten.
Zinswende trübt Aussichten für Hightechs
Ob die gefragtesten Unternehmen des vergangenen Jahrzehnts auch in den kommenden zehn Jahren noch zu den größten Indexgewichten gehören, ist zumindest mit Blick auf die Historie fraglich. Vielleicht stehen wir gerade jetzt vor einer Zeitenwende. Sollte die US-Notenbank die Zinsen 2022 wieder anheben, würde die Finanzierung einer Immobilie oder sonstiger Investitionen teurer werden. Analysten müssten Schätzungen für künftige Unternehmensgewinne gerade bei den hochpreisigen Technologieunternehmen möglicherweise revidieren.
Energie- und Industrie-Werte haben Aufholpotenzial
Unabhängige Investoren sollten mehr preiswerte Aktien ins Depot nehmen, für die sich die breite Masse im Moment noch nicht interessiert. Als die Börsenblase im Jahr 2000 platzte, stiegen die Aktienkurse von Krones, Sanofi, Henkel, Johnsons&Johnson, OMV, Adidas, Baywa, Südzucker oder eine K+S, um nur einige zu nennen, während der DAX oder die US-Technologiebörse um mehr als die Hälfte einbrach. Es waren eben solche Aktien, die keiner haben wollte bzw. Nebenwerte ohne Internetphantasie, aber mit sehr soliden Kennzahlen und Aussichten und davon gab es sehr viele.
Vorausschauende Investoren sollten daher vermehrt abseits der Börsenlieblinge der letzten Jahre investieren. So sind der Energie- und Rohstoffsektor und viele andere klassischen Industriebereiche in den großen Indizes mittlerweile gering gewichtet und zudem niedrig bewertet. Aber auch sogenannte Micro-Caps (Marktkapitalisierung bis 500 Mio. Euro) werden von Indexinvestoren verschont und sind wenig beachtet. In diesem Segment bieten aktive Fondsmanagementansätze echte Mehrwerte zu ETF- und Indexprodukten.
Kolumne von Vermögensverwalter Gottfried Urban, Urban & Kollegen Vermögensmanagement, Altötting
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