Beratung aus dem Wohnwagen - wenn die Krise positiv wirkt
21.01.2022
Finanzberater Enrico Reich erzählt von seinen persönlichen Erfahrungen während der Coronakrise / Foto: © Enrico Reich
Mit Corona ist die Digitalisierung plötzlich auch in unseren Büros angekommen. Ich kann jetzt weitaus mehr digital beraten, habe dadurch eine höhere Beratungsanzahl, aber weniger Fahrzeit und Spritkosten. Das macht sich finanziell bemerkbar - 2020 und 2021 waren richtig gute Jahre. Nicht, dass die Jahre davor schlecht waren, aber die Forderungen des Finanzamtes haben mir klar gezeigt, dass diese Jahre noch viel besser waren. Konkret heißt das: Durch die vermehrten Anfragen ergab sich bei mir im Privatkundenbereich bis zu 30 % mehr Umsatz. Ohne größere Anstrengung. Das kam einfach aus der Situation heraus.
Im Gewerbebereich bis zu 80 % mehr Umsatz
Es fehlen viele Fachkräfte in Deutschland. In der Krise hat sich das noch verstärkt. Nehmen wir den Gastronomiebereich - viele Leute haben sich während der Coronazeit umorientiert und sind jetzt in anderen Berufen. Hier herrscht akuter Personalmangel. In anderen Branchen ist das ähnlich. Heute muss sich ein Unternehmer überlegen, wie kann ich meine Mitarbeiter halten und was kann ich machen, um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Der Bedarf, ein passgenaues Konzept für sich als Unternehmen zu bekommen, ist mit der Krise nochmal sprunghaft gestiegen. Wir hatten vor Corona schon einen Arbeitnehmermarkt, jetzt müssen Unternehmen bei potenziellen Mitarbeitern noch mehr punkten. Die Frage der Zeit lautet: Was kann ich meinen Mitarbeitern zusätzlich zur Gehaltszahlung bieten, ohne zu große Mehrkosten zu haben?
Ich betreue z.B. eine kleine Physiotherapie, die ich vor ca. fünf Jahren kennengelernt habe – zu diesem Zeitpunkt hatten sie sechs Mitarbeiter. Händeringend haben sie nach neuen Mitarbeitern gesucht, haben aber leider keine gefunden. Daraufhin habe ich ein individuelles Konzept für die Praxis entwickelt, welches eine betriebliche Altersvorsorge in Kombination mit einer Endgeldoptimierung beinhaltet. Der finanzielle Anreiz erzeugte eine Art Sogwirkung – heute hat die Praxis 15 Mitarbeiter und eine zweite Filiale eröffnet. Denn Gehaltsextras sind für den Arbeitgeber meistens nicht so kostenintensiv, locken und binden aber Personal. Der Bedarf an Beratung zu diesem Thema ist enorm. Tatsächlich hat sich während Corona mein Umsatz im Gewerbebereich um fast 80 % gesteigert.
Mein Fazit
Meine Privatkunden haben mich definitiv durch die Coronazeit mehr als gerettet. Die Unternehmer hatten zunächst mit ihrem eigenen Chaos zu tun – die Flut der Anfragen kam dann aber doch Ende 2020. Es hat durch die Krise im Bereich Versicherungen/Geldanlage grundsätzlich ein Umdenken stattgefunden. Durch mehr Zeit zu Hause, haben viele angefangen, langfristiger und damit nachhaltiger zu denken. Was für mich als freier Finanzberater noch mehr Handlungsspielraum bietet.
Natürlich wünsche ich mir die Zeit zurück, in der man sich ohne Einschränkungen treffen kann. Und das gerne schnellstmöglich. Dennoch, das muss ich zugeben, hat Corona durchaus charmante Möglichkeiten eröffnet. Ich habe auch schon aus meinem Wohnmobil Mandanten beraten. Das hätte ich mir vor Corona nicht vorstellen können. Im Prinzip kann ich aktuell von überall beraten - dadurch hat sich meine Lebensqualität enorm gesteigert.
Gastbeitrag von Enrico Reich, seit 20 Jahren Finanz- & Unternehmensberater, Premium Finanz Konzept 24
Wenn auch Sie, wie Enrico Reich, Ihre Erfahrungen aus der Pandemie teilen möchten: Das Buchprojekt „In Zeiten wie diesen“ (finanzwelt berichtete) sucht weiterhin Mitautoren, die spannendes zu erzählen haben.