Behavioral Finance: Abstand halten bei der Geldanlage

24.10.2022

Dr. Marc-Oliver Lux, Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG / Foto: © Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG

Was vor Viren schützt, hilft auch Anlegern bei ihrem Depot: Halten Sie Abstand – zur Börse. Wenn es mal stärker abwärts geht, ist es klüger, gar nicht erst ständig ins eigene Depot zu schauen. Und wer unbedingt umsteuern will oder so, sollte dies – wenn überhaupt – erst tun, wenn das Schlimmste vorüber ist.

Denn wenn die Kurse purzeln, kann man sich schnell mit dem Angstvirus infizieren. Marktkrisen können wüten wie eine Epidemie: Sie pulverisieren das Kapital um 40, 50, manchmal 80 %. In der Vergangenheit gab es vier schlimme Kurseinbrüche seit dem großen Crash von 1929: 1974, 2000, 2008 und letztens 2020 mit dem Corona-Crash.

In allen Fällen war es jedoch am besten, das Gegenteil von dem zu tun, was einem die eigene Psyche rät: Nicht verkaufen, besser noch zukaufen. Aber auch wer keine zusätzliche Liquidität hat, ist zumindest gut damit beraten, eher wenig bis gar nichts zu tun und den Absturz auszusitzen.

Bisher erholte sich jeder Bärenmarkt, auch wenn es mal länger dauerte. Die Wahrscheinlichkeit, die Verluste nach einem Jahr aufgeholt zu haben, beträgt seit 1926 drei zu eins. In 70 Zeiträumen schaffte man es, in 25 nicht. Wartete man fünf Jahre, lag die Wahrscheinlichkeit schon bei sieben zu eins. Wer kurz vor 2000 einstieg, musste immerhin bis 2013 aushalten.

Jetzt raten Sie mal, wie wahrscheinlich es ist, nach 15 Jahren nicht wieder im gesunden Bereich zu sein? Null Prozent. Statistisch hat ein gut strukturiertes Depot eine hundertprozentige Genesungschance, wenn man lange genug Abstand hält. Panikverkäufer dagegen realisieren nur Verluste.

Für ängstliche Anleger heißt also das Gebot der Stunde: Mit neuem Geld zukünftiges Risiko reduzieren, vorhandene Bestände, die in den Miesen liegen, jedoch erst abbauen, wenn die nächste Aufwärtsphase kommt. Das geht so: Aktienbestände behalten, aber nicht drauf sehen. Neues Geld stattdessen in Zinsanlagen stecken, das bremst künftig die Abschwünge im Depot. Und Zinsen gibt es ja zum Glück wieder.

Unser Rat: Wer sich mit Selbstdisziplin schwertut, kann auch durch eine Vermögensverwaltung eine implizite Informationsbarriere zu seinem Depot aufbauen. So hat man die Gewissheit, dass sich jemand um das Depot auch in Krisenzeiten verantwortungsbewusst kümmert, ohne dass man selbst ständig involviert sein muss. Man muss dann lediglich die Hände vom Onlinezugang lassen.

Kolumne von Dr. Marc-Oliver Lux, Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München