Bankenkrise: Im Auge des Sturms oder doch schon im Rückspiegel?

02.05.2023

Vladislav-Krivenkov, Portfoliomanager der nordIX AG / Foto: © nordIX AG

Die zurückliegenden Ereignisse im Banken-Sektor heben die Attraktivität von Unternehmensanleihen wieder deutlich hervor. Stressphasen lassen sich einfacher mit Unternehmen mit verständlichem und einschätzbaren Geschäftsmodell durchstehen. Das Risiko eines „Bank-Runs“ besteht bei Unternehmen nicht.

Die erfreuliche Kapitalmarktentwicklung im Januar weckte die Hoffnung auf eine nachhaltige Trendwende am Kapitalmarkt. Doch schon im Februar trübte sich das Kapitalmarkt-Sentiment in Folge von hartnäckig hohen Inflationsdaten ein. Im März kam es dann mit einer Reihe von Bankenpleiten zum „Super-GAU“ im monetären Kreislauf. Massive Abflüsse von Kundengeldern bei der Silicon Valley Bank führten zur Insolvenz des kalifornischen Kreditinstituts. Eine Alarmstimmung machte sich am Kapitalmarkt breit. ‚Wer könnte die nächste Bank in Schwierigkeiten sein?‘ - War eine Frage die nicht nur die Marktteilnehmer, sondern vor allem die Unternehmenskunden von Banken beschäftigte. Diese Fragestellung führte zu massiven Abflüssen von Kundeneinlagen bei der ohnehin in schwierigen Fahrwassern befindenden Credit Suisse. Innerhalb weniger Tage flossen bei der Schweizer Universalbank rund 22 % der Kundengelder ab. Ein kritischer Wert. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) reagierte mit einem 50 Mrd. Schweizer Franken großen Notkredit. Anschließend folgte die aufsehenerregende Zwangsfusion mit der UBS.

Seitdem kam etwas Ruhe in den Kapitalmarkt. Viele Marktteilnehmer stellen sich aktuell die Frage, ob die Abwicklung einer der 30 globalen systemrelevanten Banken erst der Anfang einer viel größeren Bankenkrise ist, oder ob diese abgewendet wurde, bevor diese einen gefährliches Momentum aufbauen konnte. Es gibt einige Hinweise, die dafürsprechen, dass das Schlimmste schon hinter uns liegt.

Reaktion der FED und EZB: Maßnahmen symbolischer Natur

Ein wichtiges Signal stammte von der Federal Reserve und der Europäischen Zentralbank. Beide machten deutlich, dass die Bankensysteme in den USA und der Eurozone in einer soliden Verfassung und die Finanzstabilität akut nicht gefährdet sei. FED-Präsident Powell machte beispielsweise deutlich, dass es sich bei den Ereignissen im US-Bankensektor um isolierte und nicht systematische Probleme handelt und die ergriffenen Maßnahmen, eher symbolischer Natur seien, die die Wachsamkeit und Entschlossenheit der Aufsicht demonstrieren sollen. „Wir haben noch gar nicht richtig angefangen und aktuell ist das auch nicht notwendig“, lautete der Tenor der Kommunikation der Zentralbanken. Diese Einstellung untermauerten die beiden Zentralbanken mit Zinserhöhungsschritten. Damit zeigten sie, dass sie die konjunkturellen Folgen der Probleme im Bankensektor als untergeordnet einschätzen und es nicht zu gesamtkonjunkturellen Ansteckungseffekten kommt, welche zu einer rückläufigen wirtschaftlichen Aktivität führen könnte, welche die Unterstützung der Zentralbanken erfordere.

Markt: Keine flächendeckende Bankenkrise – keine Stützungsmaßnahmen der Zentralbanken notwendig

Dieser Einschätzung stimmt mittlerweile auch der Zins-Markt zu – wie ein Blick auf die Fed Funds Futures zeigt. Einen Tag nach der koordinierten Aktion von FED, US-Treasury, FDIC und dem Weißen Haus wurden bis Ende des Jahres massive Zinssenkungen von 100 Basispunkten bei den US-Leitzinsen eingepreist. In Erwartung eines ähnlichen Eingreifens wie 2008 nach der Insolvenz der US- Investmentbank Lehman Brothers. Diese Einschätzung wurde im Laufe der zweiten März-Hälfte verworfen und das Ausgangsszenario vom Ende Januar ist wieder in den Mittelpunkt gerückt.

„Stressindikator“: Erwartung an zukünftige Volatilität rückläufig

Auch die Signale des als „Stress-Indikator“ bekannten VIX Index und seines europäischen Pendants VSTOXX zeichnen ein klares Bild. Die sich in ihm widerspiegelnde Markterwartung an bevorstehende Aktienvolatilität ist rückläufig und wieder auf dem Ausgangsniveau vor den Turbulenzen im Bankensektor angekommen. Dabei ist besonders auffällig, dass auch inmitten der Bank-Insolvenzen die Reaktion des VIX Index überschaubar ausfiel. Extreme Bewegungen, wie sie beispielsweise während der Corona-Pandemie zu beobachten waren, waren nicht erkennbar.

Quelle: Bloomberg

Signale Kreditausfallversicherungen: Ausfallwahrscheinlichkeiten von Banken rückläufig

Der Blick auf die impliziten Ausfallwahrscheinlichkeiten von europäischen Banken und Versichern zeichnet ebenso ein konstruktives Bild. Nachdem die Prämien für Kreditausfallsicherungen von Financials in Folge der Geschehnisse bei US-Regionalbanken und der Credit Suisse auf ein Niveau gesprungen sind, wie sie mit den Stressphasen in der Corona-Pandemie oder der Rezessionssorgen des vergangenen Jahres vergleichbar wären, kommt es aktuell zur Gegenbewegung. Mit zunehmender Visibilität des Ausmaßes der Geschehnisse werden die Risikoeinschätzungen rekalibriert. Im Endergebnis wird aktuell die durchschnittliche Ausfallwahrscheinlichkeit bis Ende des nächsten Jahres bei europäischen Banken und Versicherern bei rund 1,8 % bewertet und liegt damit 0,6 % über dem Wert vor Ausbruch der Turbulenzen im Bankensektor.

Quelle: Bloomberg

Der Blick in die Glaskugel: Wie geht es weiter?

Die Ereignisse im Banken-Sektor heben die Attraktivität von Unternehmensanleihen wieder deutlich hervor. Stressphasen lassen sich einfacher mit Unternehmen mit verständlichem und einschätzbaren Geschäftsmodell durchstehen. Das Risiko eines „Bank-Runs“ besteht bei Unternehmen nicht. Auch die aktuelle annualisierte Durchschnittsrendite von europäischen Unternehmen mit Investment Grade Rating ist für einen Zeitraum von fünf Jahren mit 3,8 Prozent hoch wie seit einer Dekade nicht mehr. Wer von den anstehenden Zinsschritten der EZB profieren automatisch möchte, sollte einen Blick auf variabel verzinste Anleihen oder zinsgesicherte Anleihefonds werfen. Auch wenn der Kapitalmarkt schon einen guten Teil der Abwärtsbewegung wieder aufgeholt hat, bieten sich im Euro Investment Grade Segment noch eine ganze Reihe von attraktiven Investitionsopportunitäten.

Gastbeitrag Vladislav Krivenkov,
Portfoliomanager bei nordIX AG,
verantworltich für den sicherheitsorientierten

Anleihefonds mit täglicher Liquidität „nordIX Treasury plus“