BaFin-Entwurf wirft Fragen auf – Vorsicht vor einseitiger Produktbewertung!

01.11.2022

Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand des VOTUM-Verbandes / Foto: © VOTUM

„Mit der Veröffentlichung des Entwurfs eines Merkblatts zu ‚wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten‘ beendet die BaFin die von ihr selbst initiierte Debatte um einen Provisionsrichtwert. Nun herrscht für Versicherer und Vermittler Klarheit, dass die BaFin –entgegen ihrer ursprünglichen Ankündigung– keine Obergrenzen vorgibt. Die Aufsicht betont, dass sie bei der Preis-Leistungs-Beurteilung von Produkten zukünftig noch stärker die Effektivkosten in den Mittelpunkt ihres risikobasierten Aufsichtsansatzes rückt. Dass sie dabei den Abschlusskosten weiterhin hohe Aufmerksamkeit schenken wird, war zu erwarten. Die Aufsicht läuft jedoch Gefahr, sich zu einseitig auf die Kostenseite von Produkten zu fokussieren. Selbst Studien der europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA zeigen, dass komplexe Produkte mit höheren Kosten für den Kunden höhere Rendite erbringen können.

Es ist zu begrüßen, dass die BaFin das lang angekündigte Konsultationspapier zu ihrer Erwartungshaltung an den Produktgestaltungsprozess für kapitalbildende Lebensversicherungen endlich veröffentlicht hat. Dieses wurde im Frühjahr noch als verbindliche Vorgabe eines ‚Rundschreibens für einen Provisionsrichtwert‘ angekündigt.

Als Veröffentlichungszeitraum hatte man dabei Mitte August in Aussicht gestellt. Dass nun die Veröffentlichung des Entwurfs eines Merkblatts am letzten Oktobertag erfolgte, spricht Bände. Sowohl der Zeitablauf als auch die Form der Veröffentlichung zeigen, dass die BaFin in einem Selbstfindungsprozess gezwungen war, ihren Zuständigkeitsbereich auszuloten. 

Der BaFin-Entwurf fokussiert sich auf drei Themenbereiche: Vorgaben zum Produktfreigabeverfahren, Vorgaben zur Vermeidung von Fehlanreizen bei der Vertriebsvergütung sowie Erläuterungen der Aufsicht zu ihrem ‚risikoorientierten Aufsichtsansatz‘.

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