Apotheker sind auch Kunden – nur anders ...

07.05.2015

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Ein neues Vertriebsbuch erklärt aus der Praxis für die Praxis, wie Apotheker erfolgreich akquiriert werden. Ein Ideenfundus für jeden, der Apotheker als Kunden gewinnen möchte.

Das Motto erfolgreicher Vermittler ist altbekannt und tausendfach bewährt: LEBEN fürs Leben; SACH für den Betrieb und SPEZIALISIERUNG für den Erfolg. Warum aber nutzt kaum einer alle Chancen auf einmal? Apotheker sind dafür die perfekte Zielgruppe: etwas schwierig, aber dafür ist die Absicherung häufig uralt, falsch oder nicht vorhanden. Zugleich ist Liquidität vorhanden, um Mankos zu heilen. Für LEBEN-affine Vertriebler müsste es ein Fest der Freude sein, hier tätig zu werden. Allein: Das passiert so gut wie nie.

Wo liegt das Problem?

Wenn Vermittler und Apotheker aufeinandertreffen, dann prallen zwei völlig verschiedene Welten aufeinander. Testen Sie, wie viel „apothekerisch" Sie beherrschen: Willkommen in der Offizin mit ihrer Frei- und Sichtwahl. Hinten warten die Wunder des Labors und des Kommissionierers. Dort wird nach Herzenslust verblistert, Drogen werden umverpackt und Defekturen aller Art hergestellt. Die Unterschiede von Allopathie und Homöopathie sowie BTM und Opiaten sind entscheidend. Doch Achtung: Das Aut Idem-Feld sollte möglichst leer, das Lager aber voll sein. Und bei der Revision muss der PhR gnädig gestimmt werden. Wieso wissen PKA und PTA längst, dass ich kein Rezeptbesitzer bin. Und überhaupt, war- um darf ich nicht hinter den HV, wieso werde ich hinauskomplimentiert?

Apothekerisch – eine sehr spezifische Sprache – ist der erste Grund, warum es mit Apothekern oft nicht klappt. Der zweite sind die „berufsbedingten Risiken", die jeder Vermittler kennen sollte, weil viele davon versicherungstechnisch gravierend sind. Wer also nur die einschlägigen Tipps der Vertriebsliteratur oder von Verkaufstrainings in Apotheken anwendet, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern.

Das ist für erfolgshungrige Vermittler genauso schade wie für schlecht versicherte Apotheker.

Sicherlich kann man Apotheken mit entsprechenden Themen anschreiben. Doch versenden die meisten Briefe oder E-Mails. Gehen wir trotzdem davon aus, es gibt einen Termin. Dort wäre es nun völlig falsch, sofort auf den Termin hinzuweisen und den Inhaber zu verlangen. „Richtiges Apo-Verhalten" steht an erster Stelle: Das beginnt mit der korrekten „Platzwahl". Ideal ist im Eingangsbereich rechts oder links in der aktuell am wenigsten frequentierten Freiwahl-Ecke. Ein Nicken signalisiert Ihnen dann, dass Sie Ihre Absicht der meist schon vorgekommenen Einkäuferin vortragen können. So verhalten sich die meisten Pharmareferenten, und für den wird man Sie auch halten. Bitte lassen Sie die Dame oder den Herren am HV wissen, dass es um ein Thema geht, dass den Inhaber persönlich betrifft.

Wenn nachgefragt wird, haben Sie drei Möglichkeiten:

  1. Sie antworten sinngemäß: „um Versicherungen", der Mitarbeiter verschwindet nach hinten, ist sofort zurück und wimmelt Sie ab.
  2. Oder Sie bestehen darauf, dass Sie mit dem Inhaber oder der Inhaberin sprechen müssen. Das kann gehen, muss aber nicht.
  3. Dann gibt es noch die „hohe Schule der Apothekenansprache": Sie verfallen in den konspirativen Akquisemodus, indem Sie einige Stichworte mit für Apotheken schreckenerregender Aura flüstern, die mit Ihrem Besuch zu tun hätten. Das geht aber nur, wenn Sie in der Welt der Apotheken heimisch sind.

Nun kommt der Inhaber. In Apotheken gilt es nun, direkt fachlich und apothekerverständlich auf den Punkt zu kommen. Denn Sie haben im günstigsten Fall 3 Minuten. Wer schneller ist, wird am Ende erfolgreicher sein. Das erste Gespräch in jeder Offizin kann nur einem Zweck dienen: Vom Inhaber „hinter den HV" oder – noch besser – bis in das allerheiligste Apothekerbüro gebeten zu werden. Das könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein.

Michael Jeinsen

Zum Buch:

„Zielgruppenanalyse Apotheker. Status, Bedarf und Lösungen: Chancenzur Spezialisierung" veröffentlicht (ISBN 978-3-938226-39-1, 29,90 Euro; Ebook: 19,90 Euro). Dort werden auch alle hier enthaltenen Apotheken-Fachbegriffe erläutert.

Buchtipp - Online-Ausgabe 02/2015