Anleihen: Kupon und Kurs

26.06.2023

Dr. Marc-Oliver Lux - Foto: © Lux & Präuner GmbH & Co.KG


Nach der Zinswende der Notenbanken und dem Einbruch am Rentenmarkt im vorigen Jahr notieren viele ältere Anleihen weit unterhalb ihres Nennwerts. Anleger sollten daraus aber keine falschen Schlüsse ziehen.

Viele Anleihen, die in Niedrigzinszeiten mit einem Mini-Kupon emittiert wurden, notieren infolge der Zinswende an den Börsen weit unter pari (100 %). Sind Rentenpapiere, die zu Kursen deutlich unter 100 % gehandelt werden, nun etwa alle ausfallgefährdet? Nicht unbedingt. Zumindest lässt der Anleihenkurs keinen verlässlichen Rückschluss auf die Emittenten-Bonität zu.

Beispiel deutsche Staatsanleihe mit Fälligkeit im Februar 2030 und einem Kupon von null Prozent: die Anleihe notiert bei ca. 86 Prozent. Diese Anleihe hat offensichtlich die gleiche Ausfallwahrscheinlichkeit wie jeder andere Bond desselben Emittenten. Doch kürzlich emittierte Anleihen mit einem angemessenen Kupon werden zu 100 % gehandelt. Dass hier die Kreditwürdigkeit in Frage stünde, wäre absurd. Stattdessen ist der niedrige Kurs dem aktuell höheren Zinsniveau im Vergleich zum Emissionszeitpunkt geschuldet. Eine Anleihe mit null Prozent Verzinsung ist bei einem aktuell erzielbaren Marktzins von bis zu drei Prozent vom Kupon her schlichtweg unattraktiv. Deswegen erfolgt ein Ausgleich über den Kurs.

Deshalb sollten Anleger bei der Anleihenauswahl eher auf die Rendite einer Anleihe schauen. Diese berechnet den erwarteten Jahresertrag einer Anleiheinvestition und spiegelt somit die zukünftigen Kuponeinnahmen sowie die Kursgewinne oder -verluste vom aktuellen Marktkurs zum Rückzahlungskurs von 100 % wider.

Eine Investition in eine Anleihe mit einem hohen oder einem niedrigen Kupon ist folglich gleichartig erfolgversprechend, solange sie die gleiche Rendite, die gleiche Restlaufzeit und das gleiche Kreditrisiko aufweisen. Hohe Kupons sind nicht unbedingt besser als Anleihen mit niedrigen Kupons, aber niedrigen Kursen. Für den Investor ist es ökonomisch unerheblich, ob seine Rendite aus Kupons oder Kursgewinnen herrührt. Allenfalls steuerlich könnte sich ein kleiner Vorteil zugunsten der einen oder anderen Variante ergeben: Kupon-Ausschüttungen müssen jährlich versteuert werden; Kursgewinne erst bei Laufzeitende bzw. bei Verkauf.

Kolumne von von Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München