„Analysten reden Konjunkturrisiko durch China klein“

02.09.2015

Heute Abend ist es wieder so weit: Der Arbeitskreis Aktienindizes der Deutschen Börse entscheidet über die künftige Zusammensetzung des DAX – wer in die erlauchte Liste der 30 wichtigsten börsennotierten Unternehmen in Deutschland reinkommt und wer rausfliegt, ist schon seit Tagen kein Geheimnis mehr. Grundsätzlich haben solche Wechsel im DAX auch Auswirkungen auf die Kurse.

Doch in Zeiten wie diesen sind es ganz andere Themen, die die Märkte bewegen sollten: Die Börsen sind nach wie vor volatil. Die Unsicherheit über die künftige Entwicklung ist nach dem China-Schock immer noch groß. Dass viele Analysten dennoch das Konjunkturrisiko klein reden und dabei auf die eher niedrigen bilateralen Handelsverbindungen der westlichen Industrieländer mit China verweisen, überrascht.

Denn die China-Krise bringt Sekundäreffekte mit sich, die von vielen Experten (noch) übersehen werden: Was passiert etwa, wenn der chinesische Hunger nach Rohstoffen kleiner wird? Dann werden die Emerging Markets (EM) längerfristig langsamer wachsen als bisher angenommen. Und diese Spirale weitet sich aus: Schrumpfen die EM-Länder um 1 Prozent, zieht auch Japan um 0,5 Prozent nach unten. Für andere Länder ergeben sich ähnliche Effekte.

Und was passiert, wenn das Wachstum in China auf kürzere bis mittlere Sicht auf 5 Prozent sinkt? Dann werden weltweit Anpassungsprozesse erforderlich sein, die auch die Aktienmärkte extrem belasten können. Denn in den westlichen Industrieländern haben die Notenbanken ihr geldpolitisches Arsenal mehr als erschöpft: Sie könnten den Aktienmärkten dann wohl nur noch begrenzt helfen.

Das sind die Fragen, die die Aktienmärkte zurzeit bewegen sollten – mehr als die Index-Zusammensetzung im DAX.

Autor: Dr. Otmar Lang, Chefvolkswirt der TARGOBANK