Alles paletti oder Milchmädchen-Hausse ?
31.08.2020
Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Aktienkurse irgendwann den Gewinnen anpassen. Und diese sind nun mal auf die Wirtschaftsentwicklung angewiesen. Wenn ich in den Medien die Überschriften und Zahlen lese, kommen mir Zweifel an der „Richtigkeit“ der Aktienkurse. Zumindest kann niemand die Risiken leugnen. So ist der massive Abbau von Arbeitsplätzen (zum Beispiel Autoindustrie, Luftfahrt, Banken, Kaufhäuser, Hotels) schon in vollem Gange. Gehaltserhöhungen und Bonis sind weitestgehend ausgesetzt. Kein gutes Umfeld für das Konsumklima. Ein Konsumboom wäre aber für das Erreichen des prognostizierten Wirtschaftswachstums notwendig. Sind die politischen Aussagen zu optimistisch?
Wohl aus „gutem Grund“ will die Politik die Aussetzung der Insolvenzmeldepflicht bis März 2021 verlängern. Ich vermute, dass diese dann bis Ende 2021 verlängert wird, denn im Herbst 2021 wird gewählt. Wie die Creditreform errechnet hat, gibt es derzeit etwa 500.000 sogenannte Zombie-Unternehmen, von denen die meisten wegen Überschuldung nicht überlebensfähig sind. Bis Ende März 2021 würde sich laut dieser Studie die Zahl auf 800.000 steigen. Ende 2021 wären es sicher noch mehr. Es gibt Volkswirte, die die Aussetzung dieser Pflicht als Konkursverschleppung bezeichnen. Am Ende könnte eine nicht kalkulierbare Kettenreaktion entstehen, die eventuell sogar gesunde Unternehmen in Mitleidenschaft ziehen. „Passend“ dazu soll das Kurzarbeitergeld verlängert und die Schuldenobergrenze erneut angehoben werden.
Die Aktienkurse haben die positiven Sichtweisen inzwischen weitestgehend eingepreist. Die Marktteilnehmer haben die Risiken zurückgestellt. Auch die wachsende Gefahr einer zweiten Pandemiewelle wird derzeit außer Acht gelassen.
Strategisch, unter Beachtung des Chance-Risiko-Verhältnisses, erscheint es für den Anleger sinnvoll, die Liquidität in steigende Kurse durch Aktienverkäufe peu à peu zu erhöhen. Andererseits sollten Kursrückschläge bei Edelmetallen genutzt werden, um deren Anteil am Vermögen (bis zu 20 Prozent) auf- oder auszubauen.
Kolumne von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH
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