Marktausblick für 2016 von AllianzGI
29.11.2015
Franck Dixmier (li.) und Andreas Utermann (re.)
Das Wirtschaftswachstum dürfte deutlich geringer ausfallen und fragiler sein als in der Vergangenheit. In einem Umfeld, das durch niedriges Wachstum, niedrige Zinsen und wachsende Volatilität in Politik und an den Märkten gekennzeichnet ist, müssen Anleger über alle Anlageklassen hinweg Risiken eingehen, um ihre Anlageziele zu erreichen.
„Wir sind fest davon überzeugt, dass aktive Titelselektion und Asset Allokation die Erträge generieren, die günstige marktreplizierende Strategien nicht erzielen können.”
Andreas Utermann, Global CIO und Co-Head AllianzGI
Kurz vor dem Jahreswechsel stehen die großen Volkswirtschaften vor ähnlichen wirtschaftlichen Herausforderungen. Nach den starken geldpolitischen Impulsen der quantitativen Lockerungen, die die Zinsen auf oder nahe Null gedrückt haben, sind nun mehr denn je strukturelle Reformen von Seiten der Politik gefragt.
Wenig Wachstum, viel Umbruch
„Das aktuelle Verschuldungsniveau und das Fehlen eines Entschuldungsprozesses sorgen dafür, dass das Wirtschaftswachstum deutlich niedriger als in der Vergangenheit ausfallen und zudem noch anfälliger sein dürfte. Trotz der positiven Wirkung der stark gesunkenen Rohstoffpreise müssen sich Unternehmen und Anleger in einer Welt, die von niedrigen Investitionen gekennzeichnet ist, auf einen Rückgang der weltweiten Produktivität einstellen. Darüber hinaus bringen neuartige mobile Technologien und Anwendungen sowohl Chancen für Anleger als auch Gefahren für traditionelle Geschäftsmodelle mit sich“, skizziert Andreas Utermann, Global CIO und Co-Head von Allianz Global Investors, die Ausgangslage.
Europa ist mit sehr niedrigen Wachstumserwartungen in das Jahr 2015 gestartet und hat überrascht. Durch das mit dem Anleihekaufprogramm implementierte Quantitative Easing (QE) der Europäischen Zentralbank und den nachhaltig schwächeren Euro ist das Wachstum im Jahresverlauf auf 1 bis 1,5 Prozent gestiegen. Zusätzlich zeigt sich, dass die Geldpolitik der EZB die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten verbessert hat, mit positiven Effekten für Investitionen und Beschäftigung. Zusammen mit dem niedrigen Ölpreis sorgt dies wiederum für anziehende Einzelhandelsumsätze und steigenden Konsum. Die Eurozone dürfte dieses Wachstumsniveau auch in 2016 beibehalten, sofern die EZB ihren geldpolitischen Kurs hält und der Euro sich damit auf derzeitigem Niveau einpendelt. Portugal und Spanien sind beim wirtschaftspolitischen Umbau große Schritte vorangekommen; Sparpolitik scheint kein Reformhindernis zu sein, wenn sie von günstigen Finanzierungskonditionen flankiert wird. Italien bewegt sich inzwischen in die gleiche Richtung, und sogar Frankreich zeigt sich nun offener gegenüber einer Flexibilisierung von Beschäftigung und Arbeitsmarkt. Die Verfassung der deutschen Wirtschaft dürfte 2016 ähnlich stark wie in diesem Jahr sein, allerdings ist sie am anfälligsten für den konjunkturellen Abschwung der Schwellenländer und für Veränderungen im weltweiten Investitionsklima.
In den USA sind trotz niedrigerer Arbeitslosigkeit und des niedrigen Ölpreises Konsum und Investitionen hinter den Erwartungen zurückgeblieben, was sich 2016 nicht deutlich ändern sollte. Dennoch ist AllianzGI optimistisch und rechnet damit, dass die größte Volkswirtschaft im kommenden Jahr mit 2 bis 2,5 Prozent wächst. Das Hauptaugenmerk wird 2016 jedoch auf den im November stattfindenden Präsidentschaftswahlen liegen.
China: Das Wachstum der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft hat sich seit einiger Zeit abgeschwächt, was mit dem langsamen aber notwendigen Umbau von Anlageinvestitionen und Produktion in Richtung Dienstleistung und Binnenkonsum zusammenhängt. Darüber hinaus lasten nachlassendes Produktivitätswachstum, zu hohe Verschuldung und die Aufwertung des Renminbi auf dem Wachstum. Nichtsdestotrotz sieht der nächste 5-Jahres-Plan eine Verdopplung des Bruttosozialprodukts von 2010 bis 2020 vor, was einem jährlichen Wachstum von 6,5% ab kommendem Jahr entspricht.
Südostasien: Für die aufstrebenden Länder in Südostasien dürfte 2016 deutlich schwieriger werden. Die Abschwächung von Chinas Wachstum wird weiterhin ernsthafte Auswirkungen auf die Rohstoffproduzenten der Region und die Länder haben, die seit 20 Jahren maßgeblich von Chinas Aufschwung profitierten. Zusätzlich zu den niedrigen Rohstoffpreisen haben ein schwacher Yen und ein schwacher Euro den Konkurrenzdruck im internationalen Handel erhöht, und ein starker US-Dollar hat steigende Finanzierungskosten gesorgt.
Die (schwindende) Macht der Geldpolitik und der Anstieg der Volatilität
„Die Geldpolitik bleibt locker, insbesondere in Europa und Japan, wo die Zeichen gänzlich auf Quantitative Easing stehen, aber auch in vielen anderen Ländern, wo die Zentralbanken zum Schutz der jeweiligen Volkwirtschaft die Zinsen gesenkt haben. Vor dem Hintergrund der expansiven Geldpolitik in Japan und Europa hat auch China zunehmend die Geldpolitik als Instrument der ökonomischen Steuerung eingesetzt. Die EZB wird voraussichtlich wird ihre expansive Geldpolitik noch ausweiten und ihren Spielraum ausschöpfen, um den anfälligsten Volkswirtschaften in der Eurozone Wachstum zu ermöglichen und nachhaltig eine Deflation zu vermeiden. Jedoch dürfte das Jahr 2016 vom Beginn des Auseinanderdriftens der internationalen Geldpolitik geprägt werden, wenn die Federal Reserve mit der Anhebung der Leitzinsen vor dem Hintergrund solider Fundamentaldaten beginnt“, sagt Franck Dixmier, Globaler Anleihenchef von AllianzGI.
Wachsende Volatilität an den Devisenmärkten und Währungsabwertungen sind ein Zeichen für mangelnde internationale Koordination. Daraus ist die Sorge vor globalen Handels- und Währungskriegen entstanden, da Volkswirtschaften sich das Wachstum von anderen borgen, anstatt es über Volkswirtschaften mit hohen Zahlungsbilanzüberschüssen zu stimulieren. „Diese Vorgehensweise kann auf globaler Ebene nicht die Wachstumsraten steigen lassen, und schon gar nicht auf die Niveaus, die wir von früheren Erholungszyklen kennen. Wir sollten uns auch bewusst sein, dass eine Welt im Nullzins-Modus auch Fehlallokationen fördert und zu übertriebenen Bewertungen führen kann,“ warnt Dixmier.
Aktives Investmentmanagement wichtiger denn je
Die Sorge vor Deflation treibt Investoren nach wie vor um. Wenn jedoch das Zinshoch in diesem Zyklus niedriger ausfällt als in früheren, dürften Aktien weiterhin attraktiv bleiben und sich nicht nur aus Bewertungsperspektive positiv entwickeln, sondern auch Ergebniswachstum kombiniert mit attraktiven und wachsenden Dividendenzahlungen liefern. Aus Bewertungssicht sind Aktien in Europa attraktiver als Aktien aus den USA und Japan. Aktien aus Schwellenländern haben sich verbilligt, aber noch nicht von der Bewertung her attraktiv. Staatsanleihen sind für Anleger, die Rendite suchen, definitiv unattraktiv. Schwellenländeranleihen sind derzeit nur noch bedingt interessant.
Andreas Utermann zieht folgendes Fazit:
„Die finanzielle Repression dürfte weiterhin Anlageentscheidungen maßgeblich beeinflussen und wird die Entwicklung der Kapitalmärkte prägen. Wir müssen unsere Kunden über alle Anlageklassen hinweg dahingehend beraten, gezielt Risiken zu nehmen, damit sie ihre Anlageziele erreichen können in einer Zeit, die von niedrigem Wachstum, niedrigen Zinsen bei steigender Volatilität in Politik und Märkten geprägt ist.“
„Attraktive Aktien(-segmenten), Unternehmensanleihen und alternative Investments sowie weniger liquide und unkorrelierte Infrastrukturanlagen oder andere Wertpapieren mit langer Laufzeit bieten Anlegern den Zugang zu weniger schwankungsanfälligen Erträgen. Wir sind fest davon überzeugt, dass AllianzGI auf Basis von fundamentaler Analyse und überzeugenden Investmentansätzen und -prozessen Kunden den Mehrertrag liefern kann, den sie benötigen, und gleichzeitig die Schwankungen, die sie vermeiden wollen, unter Kontrolle zu halten. Mit aktiver Titelselektion und Asset Allokation lassen sich die Erträge generieren, die günstige marktreplizierende Strategien nicht erzielen können.“