Aktien-Crash Pro & Contra
17.08.2017
Dr. Thomas Heidel, Leitung Research Fidal AG / Foto: © Fidal AG
Viele Marktbeobachter nennen als Crash-Grund die historisch hohe Bewertung der Aktienkurse, zum Beispiel in Relation zu den Firmengewinnen. Aber solange die Unternehmen noch sehr gute Erträge generieren wird dieser Faktor kaum eine Rolle spielen. Selbst der Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller sieht in dem von ihm entwickelten Shiller-KGV keinen guten Timing-Indikator.
Als wichtigste Gefahr für eine Umkehr des Aufwärtstrends bei Aktien könnte eine zu schnelle oder zu heftige Zinswende sein. Man sollte nicht vergessen, dass die extrem expansive Geldpolitik der Notenbanken der Motor der Trendwende an den Aktienmärkten nach der Finanzkrise war. Janet Yellen und Mario Draghi sind sich aber dessen voll bewusst.
Zugegebenermaßen befinden wir uns in einem bisher ungewöhnlich lange andauernden „Bullenmarkt“, nachdem die Hauptindizes des US-Aktienmarktes im März 2009 ihren Tiefstand seit der Finanzkrise 2007/2008 erreicht hatten. Schaut man auf die Kursentwicklung des US-Aktienmarktes der letzten 50 Jahre, lässt sich feststellen, dass der S&P 500-Index sechs Bärenmärkte mit durchschnittlichen Kursrückgängen von 43 Prozent erlebt hat. Die Hälfte der Baisse-Perioden hatte vom makroökonomischen Umfeld her betrachtet drei identische Begleitfaktoren: eine wirtschaftliche Rezessionsphase, ein sehr starker Ölpreisanstieg und eine aggressive Geldpolitik der Notenbanken. Dieses Umfeld ist im Moment nicht gegeben.
An einen Crash glauben die wenigsten
Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA wird aktuell von den Ökonomen nur sehr gering (maximal zehn Prozent) eingeschätzt. Die Ölpreise befinden sich trotz der Anstrengungen der Opec eher auf einem niedrigen stabilen, bis leicht steigenden Niveau und die Zinspolitik der Notenbanken kann man mit gutem Gewissen im Umfeld der sehr niedrigen Zinsen als äußerst vorsichtig bezeichnen. Die Bewertung der Aktienkurse liegt zwar sehr hoch, sie hat aber bei Weitem nicht die Dimensionen des Internet-Hypes von 2000 erreicht. Relativ gesehen, befinden sich auch andere Asset-Klassen, allen voran die Anleihen, auf einem sehr hohen Bewertungsniveau.
An einen Crash glauben wirklich wohl die wenigsten, eher an die Möglichkeit einer Korrektur am US-Aktienmarkt. Doch die Anleger können sich trösten. Zwar hat es laut dem früheren Chef-Ökonomen der Deutschen Bank in den USA Edward Yardeni seit 1950 im S&P 500-Index genau 35 Kursrückgänge von zehn Prozent oder mehr gegeben, langfristig hat aber ein nachfolgender Bullenmarkt die im S&P 500 erlittenen Kurskorrekturen nach wenigen Monaten oder einigen Jahren wieder ausgeglichen.
Kolumne von Dr. Thomas Heidel, Leitung Research FIDAL AG