91 Gigatonnen sind nicht viel!

28.11.2023

Daniel Gerdelmann (apoprojekt) und Hannah Helmke (right° -based on science) im finanzwelt-Interview - Foto: © apoprojekt / right° -based on science / hakinmhan

Das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens scheint ein schwer erreichbares Ziel zu sein. Es gibt allerdings längst Unternehmen, die sich der effizienten Erreichung dieses grünen Ziels verschrieben haben. Hannah Helmke, Mitgründerin und Geschäftsführerin von „right° -based on science“ und Daniel Gerdelmann, Leiter ESG & Sustainability von apoprojekt sind zwei Gesichter solcher Unternehmen.
Im Interview mit finanzwelt erzählen sie, wie wichtig gemeinsame – und vor allem grüne – Ziele sind.

finanzwelt: Für eine grünere Zukunft ist der Bau im Bestand ein wichtiger Faktor. Welche Rolle spielt da das Konzept von right°, Frau Helmke?

Hannah Helmke: right° als Climate Tech Unternehmen, macht die Klimawirkung von wirtschaftlichen Aktivitäten transparent – Ganz einfach In Grad-Celsius-Zahlen. Im Jahr 2016 haben wir begonnen, das für Unternehmen zu machen. Im Bereich Immobilien haben wir gestartet mit der Klimawirkung von Bestandsgebäuden. Das hatten wir mit Vonovia entwickelt, sodass wir anschließend mit der XDC Public API genau das Produkt bereitstellen konnten, dass apoprojekt jetzt auch nutzt. Danach kam – zusammen mit Quantum, die auch mit 50% an unserer Immobiliensparte beteiligt sind - die gemeinsame Weiterentwicklung der Software für den Bestand und das Thema Neubau und Embodied Carbon, was gerade topaktuell ist. Fokus der Produktpalette ist die bestehende Immobilie und damit das Bauen im Bestand. Wenn Unternehmen wie apoprojekt dann dafür sorgen, dass sich die Immobilie dekarbonisiert, beziehungsweise ihren Emissionsausstoß reduziert, welchen Effekt hat das auf die Klimawirkung der Immobilie in Grad Celsius? apoprojekt kann damit Pläne zusammenstellen, die nachweisbar und wissenschaftlich basiert, aber einfach kommunizierbar die Lücke zu 1,5 Grad schließen können.

finanzwelt: Da haben sich zwei Experten gefunden. apoprojekt hat right° als preferred Partner beauftragt. Welche genauen Ziele haben sich für apoprojekt herauskristallisiert, Herr Gerdelmann?

Daniel Gerdelmann: apoprojekt ist als Unternehmen darauf fokussiert, Bestandstransformation baulich umzusetzen. Was man – nun mehr denn je – machen muss, ist sich realistische Ziele zu setzen und zu schauen: Welche Maßnahmen ergeben aktuell Sinn, um auf die Zukunft vorzubereiten? In diesem Kontext herrscht immer noch viel Verwirrung. Es gibt viele Zertifizierer, Scorings, Tools – dann gibt es manchmal rechtliche Vorgaben, manchmal nicht. Wenn du drei Leute fragst, hast du sieben Meinungen und viel Unsicherheit. Vor allem aber keine Vergleichbarkeit. Daran hakt es meiner Meinung nach heute immer noch genauso wie zuvor. Hier sind wir den Weg mit right* bewusst gegangen, um eine klare Vergleichbarkeit zu erzeugen. Etwa, dass wir eine Vergleichbarkeit in Büroimmobilien haben, aber auch über Immobilien hinweg. Dann kann eine Gewerbeimmobilie mit einer Wohnimmobilie oder mit einer Healthcare-Immobilie verglichen werden. Die Gradzahl ist am Ende gleich und die Kooperation mit right° für uns daher klar und eindeutig. Diese Komplexität, die in der wissenschaftlichen Berechnung liegt— das ist etwas, was wir nicht können und wo wir die Software von right erfolgreich einsetzen

Gerdelmann: Wir sind am Ende diejenigen, die beraten und umsetzen, den Weg hin zum 1,5 Grad-Gebäude gestalten wollen. Das ist der der Schlüssel in diesem ganzen Kontext, denn alle sind aktuell überfordert, glaube ich. Die meisten damit, diese Themen zu vergleichen und zu schauen: Was habe ich denn jetzt hier, was habe ich jetzt da? Ist das jetzt nachhaltig oder nachhaltiger? Am Ende geht es um die Reduktion der Erderwärmung. Wir haben noch Ressourcen und die Erde muss lebenswert bleiben. Es geht um eine einfache Darstellung, eben durch eine Gradzahl. right° ist ein starkes Unternehmen, das sehr kundenorientiert ist und Spaß an Innovationen hat— bei apoprojekt ist das genauso. Wir mögen zwar länger auf dem Markt und ein bisschen größer sein, aber die Kultur ist ähnlich In diesen Zeiten ist es wichtig, mit anderen Unternehmen zusammenzuarbeiten und die Ziele für 2045 zu erreichen. I

finanzwelt: Frau Helmke, das 1,5 Grad-Ziel ist im Pariser Klima-Abkommen zwar festgelegt, aber die Umsetzung nicht. Welche Vision hat right°, um das Erreichen dieser Ziele aktiv und konkret zu beschleunigen?

Helmke: Die Vision ist es, diese Transformation zu beschleunigen, indem man die Komplexität der Umsetzung reduziert. Im Moment vergleicht man Äpfel mit Birnen. Klimaneutralität ist das Ziel, was politisch ausgerufen ist. Das übergreifende Ziel ist aber ein 1,5 Grad-Ziel. Heißt, ich messe meinen Fortschritt hin zu einem Ziel in einer anderen Einheit, als das Ziel ausgedrückt ist. Wie wenn ich Knoten auf dem Tacho hätte — wenn die Kilometer-Geschwindigkeitsbegrenzung in Stunden ist. So ist vorprogrammiert, dass dieser Weg hin zum Ziel nicht funktioniert, weil ich keine Zielrichtung habe. Ich glaube, das ist der große Beitrag, den wir von right° leisten können. Den Fortschritt hin zum Ziel in derselben Einheit auszudrücken wie das Ziel selbst. Beispiel: Meine Immobilie ist jetzt gerade 3 Grad-konform. Da fange ich an. Ich muss zu den 1,5 Grad und jede Maßnahme, die ich in der Immobilie umsetzen möchte, kann auf das Ziel einwirken. Eine Effizienzerhöhung erlaubt mir, von den 3 Grad schon mal auf 2,7 Grad zu kommen. Dann tausche ich die Heizung aus und komme schon mal auf 2 Grad. Ich setze noch auf Grünstrom um und komme so auf die 1,5 Grad. Durch diese Komplexitätsreduktion sind alle Menschen abgeholt, die notwendig sind, um diese Transformation auch hinzubekommen und die Maßnahmen nicht nur in der Theorie beschlossen, sondern auch in der Realität umgesetzt zu haben. Konfusion und Orientierungslosigkeit hält davon ab, in die Handlung zu kommen.

Helmke: Deswegen ist es hoffentlich ein eine große Erleichterung, wenn man messen kann:  Wo stehe ich? Was bringt mich wie nah an das Ziel? Welche Zusammenstellung von Maßnahmen ist auch genug, dass ich ans Ziel komme? Sodass es glaubwürdig ist und Leute sagen: Da schließe ich mich an!  Das brauchen wir jetzt für die Umsetzung. Wir haben Experten wie apoprojekt, die genau wissen, welche Technologie eingesetzt werden müssen und wie man kostenoptimiert arbeitet. Daran mangelt es nicht, sondern eher an der Sicherheit, die die Menschen brauchen.  

finanzwelt: Herr Gerdelmann, als ESG und Sustainability-Beauftragter des Unternehmens apoprojekt haben Sie eine Rolle, die aktueller nicht sein kann, wenn es um Klimaschutz geht. Die Nutzung der Software von right° ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber: Wie garantieren Sie weiterhin, dass die Wertschöpfungskette des Unternehmens ‚grün‘ bleibt?

Gerdelmann: Wir sind ein Dienstleister – das heißt unsere CO2 Emissionen als Unternehmen sind maximal gering, weil wir eben kein produzierendes Gewerbe sind. Es kommt bei uns auf den Fuhrpark, die Flugreisen und ein bisschen auf unsere Mietfläche an. Diese Mietfläche gehört nicht uns, sondern wir mieten sie. Das heißt, wir haben keinen Hebel und nur begrenzte Möglichkeiten, zu verändern. Wir haben gemeinsam mit right° unseren eigenen Fußabdruck bewerten lassen. Ich glaube, wir als apoprojekt haben eine gesellschaftliche Verantwortung, weil wir am Ende die Maßnahmen umsetzen. Wir haben immer noch die Möglichkeit, mitzugestalten, mitzuwirken und die Immobilientransformation voranzutreiben. Das heißt, vielleicht ein Stück weit besser zu bauen, als man es vorher getan hat. Bewusster zu bauen und nicht standardmäßig zu sagen: „Wir reißen alles raus und machen es neu!“, sondern mithilfe von intelligenten Dekarbonisierungs-Fahrplänen zu arbeiten, um dieses 1,5 Grad-Ziel zu erreichen. Jedes Unternehmen hat die Verantwortung, sich darüber im Klaren zu sein, welche Hebel es bedienen kann. Was kann ich denn gesellschaftlich dazu beitragen, dass diese Erde lebenswert bleibt? Für apoprojekt ist klar:  Die, die es umsetzen, haben einen großen Hebel und der liegt in der Transformation. Diesen transparent aufzuzeigen – wie komme ich denn zum 1,5 Grad Ziel – hier können wir unterstützen. Und das muss nicht von heute auf morgen sein, sondern es ist ein Weg, den man dahin beschreiten muss. Und bei dem Ganzen darf man auch die Wirtschaftlichkeit nicht vergessen. Das ist am Ende unser großer Vorteil. Wir wissen, was es kostet und wie man es umsetzen kann. Dann ist es ein Dreiklang mit dem richtigen Investment zur richtigen Zeit und mit der richtigen Technik das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen.

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