517 Enttäuschungen und eine Hoffnung
13.02.2019
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Die Ide(e)n des Merz
Wie könnte also eine gangbare Alternative aussehen? Ja, Friedrich Merz wurde geschlagen. Ja, Kramp-Karrenbauer machte auch seine Hoffnungen auf einen Ministerposten zunichte. Aber ein Blick auf den Merz-Plan lohnt sich trotzdem, wie sich später zeigen wird. Das Konzept sieht vor, einen Teil der Altersvorsorge über einen steuerbegünstigten Aktienkauf zu gewährleisten. Denkbar sei für den CDU-Politiker etwa „ein jährlicher Freibetrag, unter dem man einen auf Aktien basierten Spar- oder Vorsorgeplan aufbaut“. Dieser dürfe im Alter nicht mehr nachversteuert wer-den. Allerdings müsse dieses Aktienpaket ausschließlich der Alterssicherung dienen und dürfe „erst dann abschlagsfrei aufgemacht werden, wenn die gesetzliche Altersgrenze erreicht worden ist“. Vor allem aus der SPD hagelte es sofort herbe Kritik, von einem „Gefallen für die Reichen“ war die Rede. Christian Nuschele sieht das komplett anders: „Aus meiner Sicht ist es unbedingt notwendig, dass bei der Altersvorsorge mehr in Produktivkapital investiert wird, weil nur dadurch eine ausreichend hohe Rendite erwirtschaftet wird, um die Altersvorsorgeziele erreichen zu können.“ Dies müsse in ein generelles Vorsorge- und Rentenkonzept integriert werden. Auch Philip Wenzel hält Aktien, zumindest über lange Zeit, für die beste Lösung. „Und wenn ich nicht sehe, wie schlimm das schwankt, dann beunruhigt mich das auch nicht“, fügt er mit einem zwinkernden Auge hinzu.
AP7 zeigt, wo der Hammer hängt
So frech, wie man es vom Prokuristen von „freche versicherungsmakler“ erwarten darf, übernimmt er den Merz-Vorschlag nicht einfach so. Stattdessen fände er es gut, „wenn die Deutsche Rentenversicherung einen gewissen Prozentsatz in Aktien anlegen würde.“ Wie sagenhaft erfolgreich diese Idee werden kann, zeigt ein Blick nach Schweden. Wir reden von 9 % Gewinn im Schnitt in den letzten 20 Jahren. Dort fließen 16 % des Bruttolohns in die umlagefinanzierte Rente. Zusätzliche 2,5 % werden investiert in die Prämienrente – eine kapitalgedeckte Altersvorsorge. Sie ist für jeden verpflichtend, aber die Schweden wählen selbst die Anlage für ihre Rente aus. 850 zugelassene Fonds stehen zur Auswahl, bis zu fünf sind wählbar. Wer nichts ankreuzt, bekommt automatisch den Staatsfonds „AP7“ – so wie die meisten. Keine schlechte Wahl – bei Verwaltungskosten von mickrigen 0,1 % und bereits erwähnten, verlockenden 9 % Gewinn. Zur Absicherung setzt das Konzept nicht auf Garantien, sondern auf die lange Laufzeit und auf eine Umschichtung im Alter. Bis zum 55. Geburtstag wird das Geld mit relativ hohem Risiko in Aktien investiert und anschließend in sichere Rentenfonds gesteckt.
Bei so viel Erfolg wäre es schade, den Merz-Impuls zu einer kapitalbasierten Rente verfliegen zu lassen. Denn gerade die „kleinen Leute“, die AKK versucht zu unterstützen, können sich einen Verzicht auf solche Renditen nicht leisten. So gesehen waren die 517 Stimmen für Kramp-Karrenbauer auf dem Bundesparteitag 517 Enttäuschungen. Eine Hoffnung gibt es vielleicht noch: Ralph Brinkhaus. Der konservative Finanzexperte hat immerhin das geschafft, was Merz nicht vergönnt war: einen Merkel-Günstling in einer Wahl zu schlagen, nämlich Volker Kauder. Nun ist er Vorsitzender der CDU-Bundestagsfraktion. Laut Frankfurter Allgemeine zeichnen ihn Zuschreibungen aus wie Selbstbewusstsein und ein scharfer ökonomischer Verstand. Diese Eigenschaften sollten die Fans der „Aktien-Rente“ nutzen. Zwar ist Brinkhaus als Fraktionsvorsitzender Teil des politischen Establishments und wird keine Rentenrevolution starten. Aber auch in Schweden wurde die Monarchie nicht abgeschafft, sondern von innen demokratisiert. (sh)