Zuhause ist es doch am schönsten

15.08.2019

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Mit über 1,3 Milliarden Einwohnern wird China ein immer wichtigerer Treiber des globalen Konsums. Dabei werden nicht nur heimische Marken bei den Verbrauchern immer gefragter, auch das eigene Land entwickelt sich für Chinesen zu einer der beliebtesten Reisedestinationen.

Der Inlandstourismus erlebt einen steilen Wachstumstrend: 2018 wurden in China insgesamt 5,54 Milliarden inländische Urlaubsreisen verzeichnet, ein Anstieg von 10,76 % im Vergleich zum Vorjahr. Allein während der viertägigen Nationalfeiertagsferien waren mehr als 502 Millionen Chinesen im Land unterwegs. Inländische Reisen brachten dem Tourismussektor im vergangenen Jahr dadurch Einnahmen von insgesamt 5,13 Billionen Yuan (764 Milliarden US-Dollar) ein, was einem Anstieg von 12,3 % entspricht. Treiber des Wachstums sind die positive Einkommensentwicklung der wachsenden Mittelschicht und der Fokus der chinesischen Regierung auf eine Stärkung des Binnenkonsums. Doch auch der wachsende Nationalismus im Reich der Mitte spielt eine entscheidende Rolle. Bisher galt der Westen gerade bei der jungen Zielgruppe als Vorbild in puncto Konsum und Tourismus. Zurzeit ist jedoch ein Wandel im Verbraucherverhalten zu beobachten und Asiaten entscheiden sich immer öfter für Urlaub in der Heimat, obwohl sie sich einen Auslandstrip durchaus leisten könnten.

Hauptsache WeChat-tauglich

Doch nicht nur die Destinationen, auch die Reiseanlässe haben sich über die Jahre stark verändert. So zeigt eine Umfrage des Beratungshauses Oliver Wyman: 2016 gaben noch 91 % der Befragten Touristen Shopping als wichtigsten Reiseanlass neben Sightseeing an. 2018 waren es nur noch 41 %. Wesentlich wichtiger ist nun der Erlebnischarakter einer Reise und – besonders bei den jüngeren Generationen – die Instagram- und WeChat-Tauglichkeit der besuchten Orte. Hoch im Kurs stehen zum Beispiel Orte, die an das revolutionäre Erbe der Volksrepublik erinnern, wie etwa alte Militäranlagen oder wichtige Stationen des Langen Marsches. Dieser sogenannte „Rote Tourismus“ wird von der Regierung stark gefördert, da der Inlandstourismus zusätzliche Steuereinnahmen generiert. Doch auch private Unternehmen profitieren von der Reise- und Vergnügungslust der Chinesen. Disney eröffnete 2016 in Shanghai seinen weltweit größten Vergnügungspark. Umgerechnet knapp 4,9 Milliarden Euro investierte der Unterhaltungsriese in seine China-Strategie – und es hat sich gelohnt: Bereits im ersten Jahr zählte er rund 11 Millionen Besucher und stand kurz vor der Gewinnschwelle. Auch die Disney-Wettbewerber Universal Studios und Dreamworks bauen ihre Präsenz im Reich der Mitte aus und arbeiten an eigenen Vergnügungsparks in Shanghai. Ebenfalls ein Milliarden-Geschäft: der Glücksspieltourismus in die Sonderverwaltungszone Macao. Die Region ist die perfekte Kurztrip-Destination für Glücksspiel-affine Chinesen, denn dank der neu eröffneten Hongkong-Zhuhai-Macau-Brücke verkürzt sich die Fahrzeit zwischen Hongkong und Macau von drei Stunden mit der Fähre auf weniger als 30 Minuten mit dem Auto. Und das Geschäft boomt: Die mehr als 30 Casinos in Macao erzielten 2018 einen Umsatz von 31,1 Milliarden US-Dollar. Das entspricht einem Plus von 14,3 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Macao läuft damit als weltweite Glücksspielstadt Nummer 1 Las Vegas den Rang ab und nimmt erheblichen Einfluss auf die Aktienperformance von Glücksspielkonzernen wie MGM Resorts, Las Vegas Sands Corp. und Wynn Resorts. Während Las Vegas Sands und Wynn 2018 bereits mehr als 50 % ihrer Umsätze in der ehemaligen portugiesischen Kolonie generierten, sind es bei MGM immerhin 21 % aller Umsätze. Und der neueste Tourismustrend: Skifahren. 2022 wird China die Olympischen Winterspiele ausrichten – eine weitere internationale Großveranstaltung, die das Land als Weltmacht inszenieren soll. Bis zu 300 Millionen neue Wintersportler soll es bis Olympia im Land geben und die Regierung und die Wirtschaft investieren dementsprechend im großen Stil in die Erschließung von Skigebieten und die dazugehörige Infrastruktur, Hotels und Restaurants.

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