Wüstenrot ehrt den Pionier des Zwangsparens
01.12.2015
Wüstenrot und Wüstenrot würdigen Georg Kropp zum 150. Geburtstag. Kropp wäre zufrieden gewesen, wenn er dabei gewesen wäre. Es gab viel Versöhnliches zu hören, sogar in Ludwigsburg.
2015-12-02 (fw/db) „Aus Armut zum Wohlstand“, nannte der Journalist Georg Kropp das Werk, das er 1920 der Öffentlichkeit und Investoren vorstellte. Heute wäre diese Schrift wohl ein Bestseller und hätte an Aktualität kaum verloren. Sein wichtigstes Werk, das zugleich die Umsetzung einer eigenen Idee war, lebt auch bis heute weiter und zählt eine in die Millionen gehende Anhängerschaft: das Bausparen.
Am 1. Dezember 2015 jährte sich der Geburtstag des Bausparerfinders und Gründers der Wüstenrot Bausparkasse zum 150. Mal (finanzwelt „Region Heilbronn – die Wiege des Bausparens“ 25.11.2015).
Wüstenrot ist die Gemeinde, wo über den Pionier Kropp ein Museum eingerichtet wurde und wo er, der Ehrenbürger, seine letzte Ruhestätte fand. „Wüstenrot“ ist auch Name und Marke der ältesten Bausparkasse ihrer Art und trägt den Namen der Wahlheimat ihres Gründers stolz bis heute.
Zur Kranzniederlegung am Ehrengrab von Georg Kropp sagte Christoph Seeger, Begründer und Leiter des Georg Kropp-Museums in Wüstenrot: „Georg Kropp war ein Bauspar-Missionar und das Museum hat tausende Besucher. Die Idee des Zwangsparens zur Bekämpfung von Altersarmut ist heute mehr als nur aktuell.“ Seeger muss es wissen, er ist der amtierende Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Wüstenrot Bauspar Aktiengesellschaft (Wüstenrot Bauspar AG).
Mit einem Festakt in Ludwigsburg ehrt Bernd Hertweck, Vorstandsvorsitzender und CEO Wüstenrot Bauspar AG, Georg Kropp als Pionier des Bausparens.
„Sein Name steht in einer Reihe mit den Sozialreformern Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch“, sagte Hertweck in seinem Grußwort zum Festakt.
„Wir wollen den Gründer unseres Hauses an seinem 150. Geburtstag ehren und sein Lebenswerk in seinem Sinne fortsetzen. Wir werden die Idee des Zwangsparens nicht nur für die Realisierung des Traums vom Eigenheim verbreiten, sondern auch als Vorsorgespezialisten zur Bekämpfung der Altersarmut durch Altersvorsorge, Schutz des Eigentums, Gesundheits- und Pflegevorsorge einsetzen“, versprach Hertweck. Im Jahr 2021 werde Wüstenrot 100 Jahre feiern und Rechenschaft ablegen, was in dieser Zeit für die Mission geleistet wurde.“
In der ersten Reihe beim Festakt nahm Alexander Erdland, Vorstandsvorsitzender der W&W AG und Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) dies zur Kenntnis. In der ersten Reihe beim Festakt war der GDV-Chef auf der linken Seite mit den Vertreter aus Stuttgart platziert, während auf der rechten Seite die Repräsentanten des Raumes Ludwigsburg unter Leitung von Ursula Keck, Oberbürgermeisterin von Kornwestheim ihre Plätze fanden.
„Gemeinhin gilt das Bausparen als eine baden-württembergische Erfindung. Der Gründer der ersten deutschen Bausparkasse, Georg Kropp, stammte allerding aus Pommern“, sagte Kropp-Forscher Klemens Grube in seinem gelungenen Festvortrag.
Am 01.12.1865 habe Georg Kropp in Swinemünde, am östlichen Zipfel der Insel Usedom gelegen, das Licht der Welt erblickt. Der junge Kropp erlernte den Beruf eines Drogisten, wo er das Fachstudium mit „cum laude“ abschloss. Das Leben, Berufung und die Liebe führten ihn über Mannheim nach Heilbronn, bis er sich in der Gemeinde Wüstenrot, vor den Toren von Heilbronn, sein Eigenheim, das heutige Kropp-Museum, ersparte und einrichtete.
Gründung der Gemeinschaft der Freunde
Kropp überzeugte Freunde von der Tragfähigkeit seiner Vorstellungen. Zu ihnen zählten unter anderem die württembergische Landtagsabgeordnete und Schriftstellerin Mathilde Planck und der Leiter der Stuttgarter Postkrankenkasse Robert Ankele.
Am 10. Mai 1921 beschlossen sie im Evangelischen Hospiz Herzog Christoph in Stuttgart die Gründung des Vereins „Gemeinschaft der Freunde“, aus dem die spätere Bausparkasse „GdF Wüstenrot“ hervorging.
Ein reichliches Jahr nach Gründung der GdF bewog die heraufziehende Hyperinflation Georg Kropp, die bereits eingegangenen Spargelder an die Einzahler zurückzugeben; sie wären bald kaum noch etwas wert gewesen. Nach überstandener Inflation erfolgte 1924 ein Neustart mit modifiziertem Konzept als Deutschlands erste Bausparkasse. Am 7. April jenes Jahres trat der erste Bausparer der GdF bei. Es war der Heidenheimer Bahnhofsvorsteher Johannes Rau. Sein Vertrag lautete über 12.000 Goldmark.
Wenngleich der Anfang mühevoll und von vielen Anfeindungen von außen begleitet war, nicht zuletzt von der etablierten Kreditwirtschaft, fiel die Idee des gemeinschaftlichen Zwecksparens doch auf fruchtbaren Boden. Schon im ersten Jahr schlossen nahezu 1.000 Bausparer Verträge bei der „Gemeinschaft der Freunde“ ab. Die erste Baugeldzuteilung im November 1924 – der Heidenheimer Postautofahrer Josef Kümmel erhielt 10.000 Mark in einer Blumenschale überreicht – gab dem Bausparen weiteren Auftrieb.
Auslagerung aus der Region Heilbronn gegen den Gründerwillen
Georg Kropp reiste zu jener Zeit im Lande herum, um in Reden und Vorträgen für das Bausparen zu werben. Fast 10.000 neue Bausparer stießen 1925 zur Bausparkasse der „Gemeinschaft der Freunde“. Ebenso rasch stieg die Zahl der Beschäftigten: Waren es Ende 1924 noch sechs, stieg die Zahl 1925 schon auf 45 und bis Ende 1928 auf 230. Als Folge davon wurde es in Wüstenrot, das nur etwa 500 Einwohner zählte, schnell zu eng, vor allem hinsichtlich der Wohnmöglichkeiten für die Beschäftigten. Hinzu kamen Mängel wie die damals noch schlechte Verkehrs- und Postanbindung der Ortschaft Wüstenrot. Geschäftsführung und Aufsichtsrat der mittlerweile in eine gemeinnützige GmbH umgewandelten Bausparkasse beschlossen daher im August 1928, Wüstenrot zu verlassen.
Die Heilbronner Räte waren auch nicht bereit die Ansiedlung der Bausparkasse zu unterstützen, obwohl Kropp Heilbronn sich als Standort wünschte. 1930 verlegte die Gemeinschaft der Freunde ihren Sitz nach Ludwigsburg – allerdings gegen den ausdrücklichen Willen Kropps, so dass er von allen Ämtern zurück trat und es zum Bruch zwischen ihm und den Funktionären der GdF kam.
Vorstand und Aufsichtsrat schienen damals jedoch überzeugt, durch den Umzug die Voraussetzung für die Sicherung und für den weiteren Ausbau des Kropp’schen Werks zu schaffen und damit letztlich im Sinne Kropps zu handeln. Der Bruch war da, aber bei der Feier zum zehnjährigen Bestehen der Bausparkasse im Jahr 1934 war Georg Kropp als Ehrengast zumindest anwesend. Die Festredner würdigten in ihren Worten seine Verdienste um das deutsche Bausparwesen, dem sich zu dem Zeitpunkt bereits 325.000 Menschen als Bausparkassenkunden verbunden fühlten.
Die Bilanzsumme aller Bausparkassen stieg ab Ende 1949 innerhalb von 15 Jahren um fast 7.000 Prozent – von 263 Millionen DM auf mehr als 18 Milliarden DM.
Georg Kropp hat diesen enormen Erfolg seiner Gründung nicht mehr erlebt. Er starb am 21. Januar 1943 in Wüstenrot, wo er auch begraben wurde und gestern ein Kranz am Ehrengrab niedergelegt wurde.
Die Bausparkasse seiner GdF hatte nach ihrem Umzug nach Ludwigsburg zur Erinnerung an den Ort der Gründung, der zum Inbegriff des Bausparens schlechthin geworden war, „Wüstenrot“ in seinen Namen aufgenommen.
1999 haben sich die Bausparkasse Wüstenrot und die Württembergische Versicherungsgruppe unter dem Dach der Holding Wüstenrot & Württembergische AG (W&W AG) zusammengeschlossen. Mehrheitsaktionär der W&W AG mit 66 Prozent ist über die Wüstenrot Holding AG die Wüstenrot Stiftung, die aus Georg Kropps Gründerverein „Gemeinschaft der Freunde“ hervorgegangen ist. Sie arbeitet seit 1990 bundesweit in den Bereichen Denkmalpflege, Wissenschaft, Forschung, Bildung, Kunst und Kultur und ist eine der großen Stiftungen in Deutschland. Sie ist ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig tätig. Das Lebenswerk Georg Kropps hat auch in der Wüstenrot Stiftung einen Träger und Bewahrer gefunden.
finanzwelt-Fazit: Sowohl die Kranzniederlegung, wie auch der Festakt am 150. Tag Geburtstag von Georg Kropp waren angemessen und dem Lebenswerk des „Bauspar-Missionars“ würdig. Der Bausparpionier und Journalist Kropp hätte wohl am Festakt seine Freude gehabt und berichtet, dass der in Schrozberg geborene Wüstenrot-Chef Hertweck die Frage offen gelassen hat, wo 2021 der Festakt „100 Jahre Wüstenrot“ stattfinden wird. Vielleicht in Wüstenrot, ein Museum wäre schon da.
Dietmar Braun