Wohnimmobilienkreditrichtlinie – Der Teufel steckt im Detail
23.03.2015
Foto: © Denis Kadackii - Fotolia.com
Die Vermittlung von Wohnimmobilienkrediten – eines der letzten vom Gesetzgeber verschonten Reservate der Finanzdienstleistung. Mit dem vorliegenden Referentenentwurf kehrt dort schon bald die Regulierung ein.
Professionelle Baufi-Vermittler haben wenig zu befürchten, für Gelegenheitsvermittler und Neulinge wird das Korsett der Regulierung drückend. Darüber hinaus hat der Richterbund am vorliegenden Referentenentwurf seitenlang Unklarheiten festgehalten.
Die am 04. Februar 2014 angenommene Richtlinie zielt auf die Schaffung eines einheitlichen Hypotheken-Kreditmarktes mit einem hohen Verbraucherschutzniveau. Die Richtlinie gilt sowohl für grundpfandrechtlich besicherte Kredite wie auch für andere Wohnimmobilienkredite, wobei der Begriff der „Wohnimmobilie" weit gefasst ist. Auch ein Pflege-Appartement dürfte bspw. davon erfasst sein. Die Richtlinie muss bis März 2016 in deutsche Gesetzgebung umgesetzt werden. Erster sichtbarer Schritt ist der genannte Referentenentwurf, der uns den § 34i GewO sowie einen ganzen Rattenschwanz weiterer gesetzlicher Änderungen auf rund 140 Seiten bescheren soll.
Keine bösen, aber auch keine guten Überraschungen.
Der Referentenentwurf ist grundsätzlich so ausgefallen wie erwartet, er enthält keine bösen Überraschungen, aber leider auch keine überraschenden Erleichterungen. Mehrere Teufel stecken noch in den Details. Baufi-Vermittler, die in den letzten 5 Jahren durchgehend über eine Zulassung nach § 34c GewO verfügen, haben durch die erwartete „Alte-Hasen-Regelung" keine wesentlichen Erschwernisse ihres Geschäfts zu befürchten. Eine Sachkundeprüfung ist hier nicht zu erwarten, lediglich die entsprechende Registrierung und der Abschluss einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung wird notwendig sein. Hier steckt der erste Teufel im Detail des Referentenentwurfs: Nicht nur die Personen im Bereich Customer Facing, sondern auch diejenigen im Backoffice, die sich mit der Vermittlung von Wohnimmobilienkreditverträgen befassen, müssen die geforderte Sachkunde besitzen. Dr. Joachim Klare, Vorsitzender des Vorstands Bundesverband der Immobilienfinanzierer e. V., sieht diese Situation wie folgt: „Die Baufi-Vermittler, die bereits seit 5 Jahren über eine Zulassung nach § 34c GewO verfügen, müssen keine wesentlichen Änderungen befürchten. Sie müssen lediglich für einige neue Themen sensibilisiert werden, wie bspw. ihr Backoffice auf die geforderte Sachkunde überprüfen. Arbeiten der Vermittler und sein Personal im Backoffice bereits seit mindestens 5 Jahren zusammen, so unterfällt dieser voraussichtlich ebenfalls der ‚Alte-Hasen-Regelung'." Also stellt sich die Frage nach der erforderlichen Sachkunde-Prüfung nur für Newcomer in der Baufi-Vermittlung oder für diejenigen, die keine fünf Jahre anhaltende Zulassung nachweisen können. Wobei die Inhalte der Sachkundeprüfung noch in einer Durchführungsverordnung zu regeln sind.
Kreditwürdigkeitsprüfung: Das Risiko verlagert sich zum Darlehensgeber.
In der Kreditwürdigkeitsprüfung schlägt der Verbraucherschutz-Anspruch des Gesetzgebers durch: Die Kreditwürdigkeitsprüfung, so wie sie derzeit vom Gesetzgeber intendiert ist, verlangt vom Kreditvermittler geradezu hellseherische Fähigkeiten. Alle Änderungen der Lebensumstände, u. a. mögliche Scheidung, Arbeitslosigkeit, Eheschließung oder schwere Krankheit, müssen theoretisch antizipiert werden. Selbstverständlich birgt diese Unklarheit Risiken – primär für den Darlehensgeber – denn bei unvollständiger Kreditwürdigkeitsprüfung könnte der aktuell bei Anlegerschutzanwälten so beliebte Widerrufsjoker drohen. Der vorliegende Referentenentwurf ist hier unklar, so der Deutsche Richterbund in seiner Stellungnahme: „Die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung bei allen Verbraucherdarlehen ist grundsätzlich zu begrüßen, jedoch sind die vorgesehenen Regelungen mit Details überfrachtet und teilweise unpraktikabel. Ob die umfassenden und aufwändigen Beratungspflichten der Darlehensgeber ihren Zweck erreichen werden, erscheint zumindest zweifelhaft."
Die Rolle des ESIS (Neu)Merkblatts wird neu definiert.
Früher wurde das Merkblatt erst mit dem Kreditvertrag überreicht. Künftig muss es, so der Wille des Gesetzgebers, unverzüglich dem potenziellen Kunden zugehen. Außerdem muss es neben den Kreditbedingungen u. Ä. künftig auch alle Provisions- wie auch Incentivierungskosten, auch die des Vermittlers, dem Kunden offen legen. Im Falle der Schlechtleistung droht künftig auch hier der „Widerrufsjoker". Es wird erkennbar, dass die Qualität und Professionalität des einzelnen Baufi-Vermittlers für den Darlehensgeber künftig eine entscheidende Rolle spielen wird. Bei der vom Gesetzgeber gewollten, unabhängigen Immobilienbewertung stellt sich die Frage, wie dies in der Realität erfolgen soll. Das Objektrisiko wird dadurch zum Bankenrisiko, der Spielraum für Gewinnabschöpfung durch überteuerte Immobilien folglich geringer. Für spezielle Immobilien, wie realgeteilte Pflegeheim-Appartements, die als Wohnimmobilien gelten, drängt sich an dieser Stelle eine Reihe von Fragen auf, für die es noch keine Antworten gibt. Die Veränderungen sieht Isold Heemstra, Bereichsleiter Vertrieb Immobilienfinanzierung bei ING-DiBa, durchweg positiv: „Die Kreditwürdigkeitsprüfung stellt grundsätzlich höhere Anforderungen an die Nachhaltigkeit der Finanzierung, insbesondere die für die Rückzahlung relevanten Faktoren werden hier in den Blickpunkt rücken. Der Vermittler muss seine Beratung zukünftig noch transparenter gestalten und den Kunden sowohl die Chancen als auch Risiken der Immobilienfinanzierung aufzeigen. Insgesamt hat die neue Kreditrichtlinie das Ziel, einen hohen Standard für die Qualität der Baufinanzierungsberatung zu setzen und damit sicherzustellen, dass der Kunde ganzheitlich beraten wird." (cs)