Wirecard: Verjährung der Ansprüche droht zum Jahresende

01.06.2023

RA Martin Kühler der TILP Rechtsanwälte - Foto: © Thomas Niedermueller / www.niedermueller.de

Es ist der Wirtschaftskrimi schlechthin: Spätestens seit der Insolvenz im Juni 2020 beschäftigt der Bilanzskandal Wirecard die gesamte Nation. Nun beginnt mit dem Kapitalanleger-Musterverfahren vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht auch die juristische Aufarbeitung des Falls. Das in München ansässige Gericht hat durch den Beschluss am 13.03.2023 im Kapitalanleger- Musterverfahren gegen die Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (EY) den Musterkläger bestimmt.

Die Wirtschaftsprüfer von EY hatten zuvor in mehreren Jahren testiert, dass die Jahres- und Konzernabschlüsse von Wirecard ordnungsgemäß seien – viele Geschädigte tätigten ihre Aktienkäufe im Vertrauen auf diese Testate. „Seit Bekanntwerden des Wirecard-Bilanzskandals haben wir uns dafür eingesetzt, dass geschädigten Anlegern die effektive und kostenschonende Möglichkeit der Rechtsverfolgung durch ein Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz eröffnet wird. Mit dem Erlass des Vorlagebeschlusses vom 15. März 2022 wurde somit ein erster Meilenstein erreicht“, berichtet Martin Kühler, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.

Musterverfahren: Kosten- und Kompetenzbündelung

Für geschädigte Anleger von Wirecard ergeben sich durch eine Anspruchsanmeldung im Rahmen des Musterverfahrens verschiedene Vorteile: Ein wichtiger Nutzen ist die erhebliche Reduzierung des Kostenrisikos einer Klage. Des Weiteren bietet die sogenannte Anmeldung zum Musterverfahren weiteres Einsparpotenzial bei den Kosten der Rechtsverfolgung. „Musterverfahren bieten geschädigten Anlegern erhebliche Kostenvorteile und erhöhen gleichzeitig sogar die statistischen Erfolgswahrscheinlichkeiten, da die Kräfte aller Geschädigten und deren Prozessbevollmächtigten gebündelt werden“, erläutert Kühler. Die Bündelung der Kräfte erfolgt durch die sogenannte Aussetzung aller anhängigen Klagen nach § 8 KapMuG.

Verjährung der Ansprüche drohen mit Ablauf des 31.12.2023

Ein besonderer Vorteil des Musterverfahrens ist die sehr kostengünstige Option der Anmeldung. Mit einer Anmeldung der Ansprüche zum Musterverfahren sind diese auch über den 31. Dezember 2023 hinaus und bis zum rechtskräftigen Abschluss des Musterverfahrens zuzüglich weiterer drei Monate vor Verjährung geschützt.
„Die Frist für eine Rechtsverfolgung im Rahmen des Musterverfahrens endet am 18. September 2023.  Das ist die Chance für geschädigte Anleger, auf kostengünstigem Weg ihr Recht einzufordern. Eine Anmeldung muss nach § 10 Abs. 2 KapMuG jedoch immer durch einen Rechtsanwalt erfolgen“, erläutert der Geschäftsführer der TILP Rechtsanwaltsgesellschaft und fügt hinzu: „Der Vorteil ergibt sich für Geschädigte daraus, dass sie die Feststellungen im Musterverfahren abwarten und je nach Ausgang im Anschluss entscheiden können, ob sie Klage einreichen möchten oder nicht. Bei einem möglichen Vergleich können im Übrigen auch Anmelder miteinbezogen werden.“ (ml)