Wirecard: Aktionäre und Anleger sind gleichberechtigt

18.03.2021

Foto: © aekachai - stock.adobe.com

Das bestätigt ein Rechtsgutachten eines renommierten Experten, das von der Kanzlei TILP in Auftrag gegeben wurde. Beim nächsten Prüfungstermin in vier Wochen wird das eine Rolle spielen.

Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé hat im Wirecard-Insolvenzverfahren das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Georg Bitter von der Universität Mannheim vorgelegt, in dem bestätigt wird, dass die Schadensersatzforderungen von Aktionären und Anlegern in Wirecard-Finanzinstrumente gleichrangige Insolvenzforderungen zu den Forderungen der sonstigen Gläubiger sind.

„Der Rechtsgutachter bestätigt damit die von unserer Kanzlei stets geäußerte Rechtsüberzeugung und erteilt einer kürzlich überraschend aufgestellten gegenteiligen und vereinzelt gebliebenen rechtlichen These des Professors Thole eine klare Absage. Mit der unhaltbaren These von Thole sollte der Insolvenzverwalter offenkundig zu einem nicht zu vertretenden Bestreiten der Anlegerforderungen gedrängt werden. Resultat dessen wären tausende von Feststellungsklagen und damit droht eine unnötige Belastung der Insolvenzmasse durch ganz erhebliche Kosten“, so Rechtsanwalt Andreas W. Tilp, Geschäftsführer von TILP. Die Kanzlei hat mittlerweile mehr als 10.100 Forderungsanmeldungen von Aktionären und Anlegern der Wirecard AG dem Insolvenzverwalter eingereicht.

Das Rechtsgutachten war von TILP gemeinsam mit der Karlsruher Kanzlei Kathmann & Gebhard vertretenen internationalen Kanzlei und Ligation Funding Gesellschaft DRRT in Auftrag gegeben worden. TILP und DRRT haben mit über 100 institutionellen Investoren Insolvenzanforderungen in Höhe von über 2 Mrd. Euro angemeldet.

Professor Dr. Georg Bitter war schon in vielen anderen prominenten Insolvenzfällen in Deutschland erfolgreich als Gutachter tätig, darunter bei Lehman Brothers, Mobilcom, Prokon, Phoenix Kapitaldienst sowie Chips & More.

Geänderte Bedingungen bei nächstem Prüfungstermin

Vor dem Amtsgericht (Insolvenzgericht) München findet am 15. April ein weiterer Prüfungstermin statt, bei dem Grund, Betrag und Vorrecht (Rang) der angemeldeten Forderungen geprüft werden. Im Vorfeld der ersten Gläubigerversammlung im November war von einer Gläubigerin ein Parteigutachten von Professor Christoph Thole von der Universität zu Köln vorgelegt worden, wonach Aktionäre und Anleger erst nachrangig gegenüber anderen Gläubigern, insbesondere Fremdkapitalgebern, zu bedienen seien. Somit würden Forderungen seitens der Anleger praktisch ins Leere laufen. Anhand des heute vorgelegten Rechtsgutachtens kann sich der Insolvenzverwalter Dr. Jaffé nunmehr seine eigene Rechtsmeinung im Sinne aller Wirecard-Geschädigten noch rechtzeitig vor dem Prüfungstermin bilden.

„Die Rechtsauffassung von Thole findet keinen Halt im Gesetz und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes“, erläutert Rechtsgutachter Professor Bitter. „Anleger, gleich ob Aktionär, Anleihegläubiger oder Anleger in derivativen Finanzinstrumenten auf Wirecard-Finanzinstrumente, sind im Insolvenzverfahren gleichrangig zu anderen Gläubigern im Rang des § 38 InsO zu behandeln“, schließt Bitter seine Erläuterungen. (ahu)