„Wir favorisieren derzeit Hochzinsanleihen aus Europa“
29.06.2020
Marc Decker / © Merck Finck
Diversifikation ist das Gebot der Stunde. Insbesondere dann, wenn es mit einer Assetklasse infolge von Marktschwankungen stark nach unten geht. Doch wie managt man ein gemischtes Portfolio, wenn Assetklassen gleichzeitig nach Süden gehen? Marc Decker, Head of Asset Management bei Merck Finck, gab der finanzwelt-Redaktion zu dieser und weiteren Fragen ausführlich Antwort.
finanzwelt: Der Abverkauf an den Märkten im März war eine Zäsur. Wie herausfordernd war es, in diesen Zeiten ein gemischtes Portfolio zu managen?
Marc Decker: Der Covid-19-Crash war herausfordernd. Bei Aktien gingen die Kurse in die Knie und im Rentenbereich erwies sich die Liquidität als Problem. Im März waren eigentlich nur mehr Staatsanleihen der europäischen Kernländer oder US Treasuries liquide. Im Segment der Unternehmensanleihen waren zumeist keine fairen Geld/Brief-Kurse mehr erhältlich. An dieser Stelle wird es dann für einen Mischfonds-Manager schwer Umschichtungen durchzuführen.
finanzwelt: Wie viele Assetklassen sind von Nöten, um sich vernünftig im Multi-Asset-Bereich aufzustellen?
Decker: Für uns stellen Aktien, Renten, Fremdwährungen, Alternative Investments und Cash die zentralen Assetklassen dar. Gerade im Renten- und im alternativen Investmentbereich muss man allerdings granularer werden und entsprechende Sub-Assetklassen, wie beispielsweise Hochzinsanleihen, Gold oder Hedgefonds berücksichtigen. Mindestens sollten Multi-Asset Fonds in die Assetklassen Aktien, Renten und Cash investiert sein. Cash ist dabei keine Verlegenheitspositionierung, sondern eine bewusste Risikosteuerungskomponente, um sich abzeichnende Chancen an den Märkten nutzen zu können.
finanzwelt: Haben Sie Ihre Aktienquote in den vergangenen drei Monaten deutlich verändert? Wie schaut es mit der Cash-Position für eventuelle Zukäufe aus?
Decker: Wir haben durchaus unsere Aktienquoten nach oben als auch nach unten aktiv gesteuert. Der Hauptgrund, warum wir so gut durch den März-Crash gekommen sind, lag jedoch an einer exzellenten Einzeltitelselektion und Sektorrotation auf der Aktienseite als auch auf dem aktiven Management der Renten-Sub-Assetklassen. Wir haben immer die Möglichkeit im Rahmen unseres aktiven Investmentansatzes Positionen zugunsten von potentiellen Zukäufen im Rahmen von sich neu ergebender Marktchancen wieder zu veräußern.
finanzwelt: Rohstoffe haben mitunter einen ordentlichen Beitrag zur guten Wertentwicklung einiger Fonds geliefert. Wie stehen Sie speziell zu Gold?
Decker: Wir erachten Gold als wichtigen Baustein für jedes gemischte Portfolio und damit als sehr gutes Portfoliodiversifikationsinstrument. Darüber hinaus sehen wir für den Goldpreis langfristig sehr gute Performancechancen.
finanzwelt: Ziehen Sie Alternatives-Strategien in Betracht?
Decker: Vor dem Hintergrund des anhaltend niedrigen Zinsniveaus und der erhöhten Volatilität bei Aktien spielen alternative Strategien eine wichtige Rolle. Da das Spektrum an alternativen Strategien sehr breit ist, setzen wir nur auf solche Strategien, die uns bestens vertraut sind und von denen wir einen klaren Mehrwert für das Portfolio erwarten.
finanzwelt: Sehen Sie aktuell Potenzial im Anleihe-Universum?
Decker: Derzeit favorisieren wir beispielsweise Hochzinsanleihen aus Europa. Im Gegensatz zu ihren US-amerikanischen Pendants haben sie in der Breite die Markterholung nach dem Covid-19-Crash noch nicht nachvollzogen und das obwohl die schwer gebeutelte und riskantere Energie-Branche in den USA deutlich prominenter im Segment der Hochzinsanleihen vertreten ist. Somit präferieren wir die europäischen Hochzinswerte aufgrund der geringeren Ausfallraten und der nun relativ attraktiveren Bewertungsniveaus. Darüber hinaus sehen wir nach wie Potential bei US-amerikanischen Staatsanleihen; sowohl bei den sog. „Nominals“ (also regulären Staatsanleihen) als auch bei den sog. TIPS ( inflationsindexierten US-Staatsanleihen). Weiteres Potential sehen wir bei Schwellenländeranleihen. Neben der Auswahl der erfolgversprechenden Sub-Rentenklassen, können auch sog. Spread- oder Kurvenpositionierungen, also Positionierungen von Rentenwerten zueinander beispielsweise auf den verschiedenen Zinsstrukturkurven, Renditepotential eröffnen und sollten daher nicht ungenutzt bleiben. (ah)