Wende im Wirecard-Skandal

30.06.2020

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Bislang hatte die Kanzlei TILP noch auf eine Klage gegen Ernst & Young im Bezug auf Wirecard verzichtet. Nun steht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft doch Ärger ins Haus – genau wie aktuellen und ehemaligen Wirecard-Managern und auch der BaFin.

Die TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH hat das von ihr initiierte Musterverfahren gegen Wirecard auf weitere Haftungsgegner ausgeweitet: So hat die Kanzlei vor dem LG München I sowohl Dr. Markus Braun, Ex-Vorstandsvorsitzender von Wirecard, Jan Marsalek, ehemaliger COO des insolventen Zahlungsdienstleisters, den aktuellen CFO Alexander von Knoop als auch die Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wegen vorsätzlicher Bilanzfälschung auf Schadensersatz verklagt. Die Ausweitung der Klage auf EY kommt durchaus überraschend: Vor zwei Wochen hatte TILP noch bekannt gegeben, dass auf eine Klage gegen den Wirtschaftprüfer von Wirecard verzichtet würde (finanzwelt berichtete).

Die jetzige Ausweitung erfolgte im Auftrag der geschädigten Effecten-Spiegel AG, welche mit TILP auch die erste Anlegerklage gegen Wirecard am 12. Mai 2020 eingereicht hat: „Wir haben heute die entscheidenden Weichen gestellt, um EY und die aus unserer Sicht zentral verantwortlichen Personen bei Wirecard im Wege eines Musterverfahren zu ihrer Verantwortung zu ziehen“, erklärt Rechtsanwalt Andreas Tilp. „Vom zumindest bedingt vorsätzlichen Verhalten der neuen Beklagten sind wir überzeugt“, so Tilp weiter.

„Aktuell haben sich über 30.000 Anleger bei uns registriert. Dies eröffnet unseren Mandanten eine Reihe von Optimierungsmöglichkeiten: außergerichtlich, vor Gericht als auch im Musterverfahren – stets gegen die Haftungsgegner mit den tiefen Taschen“, erläutert TILP-Anwalt Maximilian Weiss.

Durch die nun erfolgte Ausweitung des Musterverfahrens beginnt einer der größten Wirtschaftprozesse jüngerer Zeit. Nach Einschätzung von TILP markiert dies zugleich den Beginn der justiziellen Aufarbeitung eines beispiellosen Versagens von Wirtschaftsprüfern und der BaFin. „Der Totalausfall der BaFin muss und wird Konsequenzen haben. Wir fordern die Bundesregierung auf, Verantwortung für das BaFin-Versagen zu übernehmen, wirkungsvolle Gesetzesreformen zu verabschieden und einen Entschädigungsfonds für Wirecard-Geschädigte einzurichten. Sollte kein Entschädigungsfonds eingerichtet werden, behalten wir uns vor, mit der Schlagkraft von mehr als 30.000 Geschädigten im Rücken gegen die BaFin prozessual sämtliche Register zu ziehen. Wir haben der BaFin bereits einmal den Kampf angesagt, zogen bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) und waren dort erfolgreich. Und wenn es nötig werden sollte, ziehen wir auch hier wieder bis vor den EuGH“, zeigt sich Rechtsanwalt Andreas Tilp entschlossen.

TILP hat eine Plattform unter www.wirecard-klage.de eingerichtet, auf der sich Anleger und Investoren kostenfrei registrieren können und dann kostenfrei weitere Informationen erhalten. (ahu)