Was liegt hinter dem Gipfel?

05.02.2014

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Die Weltbank sieht die USA 2014 als globale Wirtschaftslokomotive und sagte jüngst 2,8 % Wachstum voraus. Die künftige Fed-Chefin Yellen geht sogar von einer Drei vor dem Komma aus. Die US-Wirtschaft hat scheinbar an Fahrt aufgenommen. Gleichzeitig nehmen die Sorgen um eine Korrektur am Aktienmarkt zu und die Arbeitslosenquote verharrt auf hohem Niveau.

Nach der offiziellen Lesart ist die Lage der größten Weltwirtschaft gut. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im dritten Quartal 2013 aufs Jahr hochgerechnet um 4,1 % zu, wie das Handelsministerium (Department of Commerce) zum Jahresanfang bekannt gab. Anfang Dezember hatte eine Schätzung des Ministeriums lediglich 3,6 % ergeben. Noch im zweiten Quartal 2013 lag die Wachstumsrate bei vergleichsweise „mageren" 2,5 %. Die positive Entwicklung wurde auf den steigenden privaten Konsum, mehr Investitionen und ein Anziehen staatlicher Ausgaben zurückgeführt.

US-Notenbank flutet die Märkte. Mitte Dezember letzten Jahres hatte dann die amerikanische Notenbank einen Kurswechsel vollzogen und die geldpolitischen Zügel leicht angezogen. Angesichts der verbesserten Konjunkturaussichten hatte die Fed angekündigt, den Ankauf von langfristigen Staatsanleihen und Immobilienpapieren ab Jahresbeginn 2014 von 85 auf 75 Mrd. Dollar monatlich zu drosseln. Hinzu kommt, dass die US-Notenbank den Leitzins seit Ende 2008 auf dem historischen Tiefstand zwischen 0 und 0,25 % hält. Für Cormac Weldon, Head of US-Equities bei Threadneedle Investments, liegen die Vorteile der Weltmacht auf der Hand: „Unternehmen finden in den USA ein konkurrenzfähigeres Umfeld als in vielen anderen Industriestaaten. Dazu tragen vor allem binnenwirtschaftliche Faktoren bei. Auch wenn die Erholung des US-Immobilienmarktes wegen steigender Zinsen etwas abgebremst wurde, so dürfte dessen Belebung doch deutliche Auswirkungen auf Beschäftigung und Konsumausgaben haben und das zu einer Zeit, in der die USA sich einer industriellen Renaissance und wachsender Energie-Unabhängigkeit erfreuen."

Die US-Börsen gehörten im vergangenen Jahr international zu den Stars und ließen beispielsweise viele Wachstumsmärkte in ihrer Performance weit hinter sich. Der S&P 500 Index knackte zum ersten Mal in seiner Geschichte die 1.700 und sogar 1.800 Punkte. Auch der viel beachtete Dow Jones Industrial stieg in vorher unbekannte Höhen. Paul Atkinson, Head of North American Equities bei Aberdeen Asset Management, zeigt sich weiterhin optimistisch und verweist auf die vergleichsweise guten Fundamentaldaten der US-Wirtschaft. Dabei speise sich das Gewinnwachstum in erster Linie aus gestiegener Nachfrage der Verbraucher und Kostenreduktion in den Unternehmen, so der Aberdeen-Experte. Hinzu käme das Vertrauen der Bürger in die Stärke der US-Wirtschaft. Und Grant Bowers, Portfolio-Manager für den Franklin U.S. Opportunities Fund, ergänzt, dass obwohl sich die Bewertungen zwar auf historische Durchschnittswerte bewegen würden, es trotzdem nach wie vor selektiv attraktive Investmentgelegenheiten in vielen Sektoren des US-Aktienmarkts gebe. „Derzeit finden wir unter anderem den Technologiesektor und das Gesundheitswesen interessant", so Bowers.

Allerdings mehren sich die kritischen Stimmen, die vor größeren Korrekturen warnen. Angesichts der überdurchschnittlichen Entwicklung der US-Aktien und des Bewertungsniveaus zeigte sich jüngst Arne Sand, Geschäftsführer der smart-invest GmbH, in einem Interview verhalten bis skeptisch, was US-Aktien betrifft. „US-Aktien sind inzwischen teuer", sagt er. Die amerikanischen Standardwerte kämen aktuell auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von knapp 15, seien also an der Börse mit dem 15-fachen ihres Gewinns bewertet.

Die zurückhaltende Einschätzung der US-Aktienmärkte begründen Experten mit der vergleichsweise hohen Bewertung. Das KGV des S&P 500 von rund 17 sei lediglich in der Technologieblase von 1997 bis 2000 übertroffen worden, heißt es von der Bank of America Merrill Lynch. Eine nennenswerte Korrektur steht noch aus, wenngleich der Leitindex Dow Jones Ende Januar auch unter die 16.000 Punkte gerutscht ist. Charttechnisch sind die 15.800 Punkte eine wichtige Wegmarke, die langfristig noch nicht unterschritten wurde. Der Starökonom und als „Dr. Doom" bekannte Wirtschaftswissenschaftler Nouriel Roubini zeigte sich zwar jüngst leicht optimistisch bezüglich der weiteren konjunkturellen Entwicklung in seinem Heimatland, warnte jedoch eindringlich vor zu großer Euphorie. Die Berichtssaison für die Q4-Geschäftszahlen ist in vollem Gang und auch hier zeigt sich ein durchwachsenes Bild. Wells Fargo konnte ein Gewinnanstieg melden, während Konkurrent JP Morgan Federn lassenmusste. Zwar konnte die Mehrheit der Konzerne dabei die Gewinnerwartungen der Analysten übertreffen, aber man bleibt unter dem Vorjahreswert. „Erste Anzeichen für eine ‚enttäuschende' Berichtssaison?", fragt sich Allianz Global Investors. Zudem hatte die Kältewelle den US-Arbeitsmarkt lahmgelegt; statt der erwarteten 200.000 neuen Stellen wurden nur 74.000 geschaffen.

Marktmade by Fed?

Wie sattelfest ist die amerikanische Wirtschaft? Und sind US-Aktien noch ein interessantes Investment? Ein Kommentar von John-Enrik Schröder, Vorstand Jung, DMS & Cie. AG.

„Die US-amerikanische Notenbank startete Ende Dezember den Einstieg in den Ausstieg aus der Politik des ultrabilligen Gelds. Zwar blieb der Leitzins auf rekordtiefen Niveau, aber der Aufkauf von Anleihen wird sukzessive zurückgefahren. Die Meinung der Marktakteure fiel einhellig aus: Der Zeitpunkt für diese Entscheidung sei gut gewählt gewesen, da es der US-Konjunktur mittlerweile spürbar besser gehe und sie die neue geldpolitische Richtung verkraften werde. Entsprechend positiv entwickeln sich die US-amerikanischen Aktienmärkte. Bis Mitte Dezember 2013 hat der Dow Jones immerhin rund 20 % zugelegt und dabei erstmals die Marke von 16.000 Punkten übersprungen. Bei einem weiter anziehenden Wirtschaftswachstum und anhaltend niedrigen Zinsen dürften die US-Aktienmärkte daher auch weiterhin zulegen können – vorausgesetzt, die Haushaltsstreitigkeiten werden baldigst beigelegt. Von diesen eher kurzfristigen Entwicklungen sollten sich Anlageberater aber ohnehin nicht zu sehr beeinflussen lassen und die Investments ihrer Kunden vielmehr längerfristig auslegen lassen. Und dafür bieten Aktien oder Aktienfonds als Sachwert-Investments eine geeignete Möglichkeit, attraktive Renditen zu erwirtschaften, die nach Abzug der jährlichen Inflationsrate einen Vermögenszuwachs ermöglichen."

Fazit

Die Dynamik für höheres Wachstum dürfte in diesem Jahr in erster Linie von den entwickelten Volkswirtschaften ausgehen. Hier spielen die Vereinigten Staaten eine große Rolle. Steht die weltgrößte Volkswirtschaft sich nicht in Form eines erneuten Shutdowns selbst im Weg, dürfte der moderate Wachstumskurs beibehalten werden.

(Alexander Heftrich)

USA - Printausgabe 01/2014