Was haben sieben dicke und sieben magere Kühe mit der Finanzplanung gemein?

13.02.2023

Thomas Freiberger, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung GmbH Wertpapierinstitut in München - Foto: © Vermögensverwaltung GmbH Wertpapierinstitut

Der ägyptische Pharao träumte von sieben dicken und sieben mageren Kühen. Josef deutete auf Geheiß des Pharaos diese Träume als Prophezeiung. Ägypten erwarte sieben Ernten im Überfluss, gefolgt von sieben Jahren des Mangels. Der Pharao vertraute Josefs Weissagungen. Er sparte Getreide in den ersten sieben Überflussjahren, um für die nachfolgenden sieben Hungerjahre bevorratet zu sein.

Sie merken: Nicht nur die Fülle der jeweiligen Ernten, sondern vor allem deren Reihenfolge ist wichtig! Wenn am Anfang die guten Ernten eintreten, ist dies für die Gesamtentwicklung überlebenswichtig. Viele Anleger und sogar einige Berater schenken dem Risiko der Renditereihenfolge kaum Beachtung. Renditereihenfolgerisiko (Sequence of Return Risk) bedeutet, dass die Reihenfolge von schwankenden Jahresrenditen während eines Betrachtungszeitraums einen hohen Einfluss auf die Gesamtrendite und damit auch auf den Endwert des Portfolios hat, wenn dem Portfolio im Zeitablauf Mittel entnommen oder zugeführt werden.

Schauen wir uns ein Beispiel an (Anlage und Portfolio A):

Zwischen 1995 bis 2020 betrug die durchschnittliche Verzinsung des MSCI World 9,61 %. Ein Anleger, der Ende 1994 250.000 Euro in ein Portfolio auf den Aktienindex MSCI World investierte, und in den Folgejahren jährlich 12.000 Euro entnahm, konnte sich noch Ende 2020 über eine Anlagesumme von EUR 905.702 erfreuen.

Die Jahre 1995 bis 1999 bis zum Platzen der Dot-com-Aktienblase ab dem Jahr 2000 waren mit Renditen zwischen 10,14 % bis 46,35 % besonders gute Aktienjahre. Wie sieht das Anlageergebnis aus, wenn die gleiche Anlage auf einem Höhepunkt der Aktien- bewertung, wie im Jahre 2000, erfolgt wäre? Um dies zu simulieren, nehmen wir die gleichen Renditen und Risiken wie gerade eben, beginnen allerdings bereits 1995 mit der Renditereihenfolge ab dem Jahre 2000 (Anlage und Portfolio B). Die Renditen der Jahre 1995 bis 2000 setzen wir auf das Ende des Gesamtzeitraums, auf die Jahre 2015 bis 2020. Alles andere, wie die durchschnittliche Verzinsung von 9,61 %, die Schwankungsintensität (Volatilität), 18,73 % , das Startkapital 250.000 Euro und die jährliche Entnahme von 12.000 Euro bleiben unverändert.

Doch nun reicht das Kapital bereits im Jahre 2011 nicht mehr aus, um die geplante Entnahme zu sichern! Eine Altersvorsorgeplanung darf sich also nicht nur auf die Wahl des optimalen Risiko-/Renditeverhältnisses beschränken. Dabei übersieht sie die Gefahr des Renditereihenfolgerisikos: Die Überlebensfähigkeit eines Wertpapierportfolios bei Entnahmeplanung sollte vor der erwarteten Rendite stehen.  Die zukünftige Renditereihenfolge kennen wir nicht. Deshalb empfehlen wir, lieber weniger Risikoeinzugehen.

Thomas Freiberger, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung GmbH Wertpapierinstitut in München