Was bedeutet Macron für Europa?
16.05.2017
Cédric Spahr, Aktienmarktstratege, Bank J. Safra Sarasin AG / Foto: © J. Safra Sarasin AG
Die Expansion der europäischen Wirtschaft dürfte sich in der zweiten Hälfte 2017 fortsetzen, selbst wenn das Tempo der globalen Konjunkturerholung ihren Zenit im 2017 überschreitet. Der Wahlsieg von Emmanuel Macron verheißt mindestens ein paar Reformen in Frankreich. Daher dürfte die Perspektive eines guten Abschneidens Macrons neuer Partei bei den Parlamentswahlen die europäischen Aktienmärkte bis Mitte Juni beflügeln. Wir erwarten eine Fortsetzung der Hausse bis Jahresende, auch wenn eine längere Sommerpause einsetzen sollte.
Emmanuel Macron dürfte als Präsident Frankreichs mit seiner neuen Partei "La République en marche" bei den bevorstehenden französischen Parlamentswahlen (11./18. Juni) stark abschneiden, die stärkste Fraktion im neu gewählten Parlament stellen und in der Lage sein, eine stabile Koalitionsregierung zu bilden.
Die gescheiterte Herausforderung europakritischer Parteien in den Niederlanden und Frankreich sowie die laufende globale Konjunkturerstarkung trieben europäische Aktienmärkte bis Ende April an. Das Risikoumfeld bleibt moderat. Finanzmärkte preisen eine Zinserhöhung der Fed am 14. Juni nun weitgehend ein. Daher sollte er keine allzu große Überraschung darstellen.
Wir antizipieren zudem eine Fortsetzung des aktuellen Wirtschaftsaufschwungs in Europa bis Jahresende, selbst wenn US Wirtschaftsreformen aufs Eis gelegt werden und die chinesische Wirtschaft leicht abkühlt. Kontinentaleuropäische Volkswirtschaften erleben eine nachhaltige Erholung. Die deutsche Wirtschaft wuchs im ersten Quartal 2017 um 2,6 % auf das Jahr hochgerechnet verglichen mit dem Vorquartal. Einkaufsmanagerindizes im verarbeitenden Sektor bestätigen eine deutliche Aktivitätsverbesserung in Deutschland, Spanien, Frankreich und Italien. Zudem zieht der private Konsum in einer Mehrheit der Länder des Euro-Raums inklusiv Deutschland und Frankreich an.
Macron steht vor großen Herausforderungen als neuer Präsident. Nichtdestotrotz stehen die Chancen nicht schlecht, dass Macron mindestens ein paar Reformen bis Ende 2017 durchbringen kann. Macron genießt zurzeit klaren politischen Zulauf und dürfte zumindest am Anfang eine stabile Regierungskoalition bilden können. Einige überfällige Reformen wie z.B. eine Flexibilisierung der Arbeitszeit in den Unternehmen sowie des Arbeitsrechts sind zudem mehrheitsfähig. Darüber hinaus dürfte Macron aus den Fehlern seiner Vorgänger gelernt haben, dass Reformen hinaufzuschieben unweigerlich in die Sackgasse führt.
Stimmungsindikatoren für europäische Aktienmärkten haben hohe Niveaus erreicht. In den kommenden Wochen scheint ein neuer Anlauf zu neuen Höchstständen wahrscheinlich. Investoren könnten während der Parlamentswahlen zum Schluss kommen, dass kurzfristig alle guten Nachrichten weitgehend eingepreist sind. Korrekturperioden bzw. Seitwärtsmärkte sind in den Sommermonaten häufig. Wir empfehlen darum, im dritten Quartal in Schwächephasen zu akkumulieren, denn wir rechnen fest mit einer Fortsetzung der laufenden europäischen Aktienmarkthausse bis Jahresende.
Kolumne Cédric Spahr, Aktienmarktstratege, Bank J. Safra Sarasin AG