Was bedeuten die britischen Neuwahlen?

19.04.2017

Dominic Rossi, CIO Global Equities bei Fidelity International / Foto: © Fidelity International

Dominic Rossi, Chefanlagestratege für globale Aktien bei Fidelity International, und Ian Spreadbury, Rentenfondsmanager bei Fidelity International, kommentieren die vorgezogenen Neuwahlen in Großbritannien:

Dominic Rossi, CIO Global Equities:

„Die Aktienmärkte tendierten gestern schwächer. Grund dafür war der Anstieg der britischen Währung. Hinter der positiven Reaktion des Pfunds auf die Ankündigung vorgezogener Neuwahlen in Großbritannien steht die Annahme, dass der Brexit aufgeschoben und möglicherweise ein zweites Referendum abgehalten wird.

Beides ist jedoch völlig unzutreffend – die Börsen schätzen die Situation falsch ein. Der Brexit wird kommen, und die Premierministerin will nur erreichen, dass die britische Regierung bei den Verhandlungen freie Hand hat. Von daher wird der Anstieg des Pfunds, den wir gestern gesehen haben, nur von kurzer Dauer sein.“

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Ian Spreadbury, Rentenfondsmanager bei Fidelity International / Foto: © Fidelity International[/caption]

Ian Spreadbury, Rentenfondsmanager:

„Eigentlich würden die nächsten Parlamentswahlen in Großbritannien erst 2020 stattfinden. Allerdings bestand immer die Möglichkeit, dass Premierministerin Theresa May vorgezogene Neuwahlen ausrufen würde. Der Zeitpunkt hat die Börsen jedoch überrascht. Die Renditen britischer Staatsanleihen (Gilts) zogen an und das Pfund gewann an Wert, nachdem der Markt zunächst schwächer eröffnet hatte.

Wir gehen gegenwärtig davon aus, dass Theresa May eine genügend breite Mehrheit erringen wird, um sich eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber den EU-Staaten zu verschaffen. In dem sehr unwahrscheinlichen Fall, dass May die Mehrheit verfehlt, verlöre sie vermutlich ihr Amt als Parteivorsitzende, und die britische Währung würde wohl sofort unter Druck geraten. Eine Flucht in Qualität auf breiter Front würde zu einem Rückgang der Gilt-Anleiherenditen führen – wie schon nach dem Referendum im vergangenen Jahr. Kurzfristige Unsicherheit sollte indessen dafür sorgen, dass die Bewegungen bei den Renditen relativ begrenzt bleiben.

Die Bank of England hat ihre jüngsten Staatsanleihekäufe und zum größten Teil auch das Programm zum Ankauf von Unternehmensanleihen abgeschlossen. Wir gehen trotzdem davon aus, dass sie die Marktbedingungen auch künftig nicht ignorieren und in dieser Phase an einer expansiven Politik festhalten wird. Ein mögliches Anwachsen der Renditeaufschläge bei Unternehmensanleihen würde dadurch gedämpft.

Auch in der Positionierung der Marktteilnehmer spiegeln sich die erhöhten Risikoaufschläge für die globalen politischen Gefahren wider. Wir werden uns an den Kreditmärkten weiterhin vorsichtig verhalten und in erster Linie auf Papiere setzen, von deren Qualität wir besonders überzeugt sind, sowie auf weniger zyklische und Schuldverschreibungen.”