Warum soll ich etwas vererben?
30.05.2018
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Jedes Jahr werden in Deutschland dreistellige Milliardenbeträge vererbt. Dennoch gehen vielen beim Erbe leer aus- teils aus freien Stücken, teils aus Unwilligkeit des Erblassers. Die Gründe hierfür sind dabei sehr unterschiedlich. Unter den Erben befinden sich nicht nur Menschen. Zudem gilt beim Erbe die Devise "alles oder nichts".
Solange er sich keines schweren Vergehens schuldig gemacht hat, erhält jeder nahe Verwandte einen Pflichtteil des Erbes – selbst dann, wenn er per Testament enterbt wurde. Der sogenannte Pflichterbteilberechtigte hat zwar keinen Anspruch auf konkrete Gegenstände aus dem Erbe, aber auf die Hälfte des Betrages, der ihm als gesetzlicher Erbteil zugestanden hätte. „Fordern die Pflichtteilsberechtigten ihren Anteil ein, kann das zu Problemen führen, etwa, wenn das Erbe hauptsächlich aus einer Immobilie oder einem Familienunternehmen besteht“, erläutert Anja Maultzsch von der Postbank. „Unter Umständen sind die Erben sogar gezwungen, den Besitz zu verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können.“ Den Familienbesitz retten könnte in einem solchen Falle der Verzicht des „Enterbten“ zugunsten eines anderen Erben oder eines Alleinerben. Dass dies durchaus gängige Praxis ist, zeigt eine aktuelle TNS-Emnid-Umfrage im Auftrag der Postbank. Darin meinten 36 % der Befragten, dass man der Familie zuliebe auf sein Erbe verzichten sollte. Bei Männern war diese Meinung mit 41 % etwas weiter verbreitet als bei Frauen (31 %). 29 % der Befragten schließen eine Erbverzicht hingegen kategorisch aus.
Warum sollte man auf das Erbe verzichten?
Für einen Verzicht auf das einem zustehende Erbe gibt es laut der Umfrage viele verschiedene Gründe. So gab die Hälfte der Befragten an, dass damit der Frieden in der Familie gewahrt werden könne. 46 % meinen, dass damit der Alleinerbe für eine besondere Leistung belohnt werden solle. 34 % sind der Meinung, dass durch einen Erbverzicht das vererbte Vermögen zusammengehalten werden solle. Die früher vor allem in adligen Kreisen verbreitete Idee der Primogenitur (der Erstgeborene ist Alleinerbe) scheint immer noch Verbreitung in der Bevölkerung zu haben. So gaben 8 % der Befragten an, dass sie auf das Erbe verzichten würden, weil es dem ältesten männlichen Nachkommen allein zustehe. Welcher Grund auch hinter der Bitte um Erbverzicht steht: „Jeder, der gebeten wird, sein Erbe abzutreten, sollte sich gut beraten und nicht von seiner Familie unter Druck setzen lassen“, empfiehlt Anja Maultzsch, keine voreiligen Entscheidungen bei dieser Frage zu treffen.
Pflichtteil muss aktiv eingefordert werden
Wer seinen Pflichtteil beim Erbe, aus welchen Gründen auch immer, ausschlagen will, muss dafür nichts tun: Der Pflichtteil muss aktiv eingefordert werden. In Regel werden durch eine Einmalzahlung alle Ansprüche des Enterbten abgegolten. Eine solche Übereinkunft wird in der Regel schon zu Lebzeiten des Erblassers in einem notariell beglaubigten Vertrag festgeschrieben. Da durch einen solchen Vertrag das gesetzliche Erbrecht aufgehoben werden kann, sind sowohl der Verzichtende als auch seine Nachkommen vollständig von der Erbfolge ausgeschlossen. Im Rahmen des Vertrages kann der Verzicht aber auch beschränkt werden. Dies geschieht häufig beim sogenannten „Berliner Testament“, bei dem sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben einsetzen und die Kinder zugunsten des verbleibenden Elternteils auf ihren Pflichtteil verzichten. Erst wenn beide Eltern tot sind, erhalten die Kinder das gesamte Erbe.
Erbe bleibt vor allem innerhalb der Familie
In der von der Postbank in Auftrag gegebenen Studie wurde auch untersucht, wie viele Deutsche eigentlich planen etwas zu vererben und an wen. Dabei gaben 52 % der Befragten an, dass sie damit rechnen, ihren Nachkommen eine Erbschaft zu hinterlassen. 91 % der Erblasser wollen dabei ihre Partner oder Kinder berücksichtigen, 38 % auch andere Familienangehörige. Unter den potenziellen Erben befinden sich aber auch Personen ohne Familienanschluss oder auch Institutionen. So gaben 20 % der Befragten an, dass sie sich mit einem Erbe bei den Menschen bedanken wollten, die sie im Alltag unterstützen, bspw. Pfleger oder Nachbarn. Fast genauso viele (19 %) wollen ihr Vermögen nach ihrem Ableben einer Stiftung, einem Verein oder einer sozialen Einrichtung zukommen lassen. 16 % möchten etwas an ihre Freunde vererben. Auch die nicht-menschlichen Freunde werden beim Erbe bedacht. So gaben 5 % der Befragten an, dass sie ihre Haustiere beim Erbe berücksichtigen wollen. Da Tiere rechtlich als Sachen gelten, sind diese zwar nicht erbfähig. Jedoch kann der Erblasser zu Lebzeiten veranlassen, dass sein Haustier auch nach seinem Tod versorgt wird. Beim Vererben an die Haustiere sind die Frauen deutlich in der Überzahl: Von diesen bedenken 8 % ihr Haustier beim Erbe, bei den Männern sind es gerade einmal 2,5 %. Dafür wollen 23 % der Männer etwas an Stiftungen, Vereine oder soziale Einrichtungen vererben, 8 Prozentpunkte mehr als Frauen.
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