Warum deutsche Anleger alles falsch machen

24.10.2016

©Björn Wylezich fotolia,com Deutsche Anleger gehen laut Ekkehard J. Wiek zu wenig Risiko

Die Deutschen sind weltweit für ihr diszipliniertes Verhalten bekannt, auch das Sparen gilt als deutsche Paradedisziplin. Doch genau dieses Vorgehen, welches über Generationen weitergegeben wurde, bereitet den deutschen Anlegern zunehmend Bauchschmerzen. Sie vernichten Vermögen, statt es zu vermehren.

Der deutsche Anleger ist – statistisch gesehen wie keine andere Anlegernation - geprägt von Vorsicht und bedacht auf die ultimative Sicherheit. Bei den Renditen laufen sie den meisten anderen Nationen in Europa mittlerweile hinterher, ganz zu schweigen von Anlegern in Übersee.

200 Milliarden verschenkt

Eine neue Studie der Allianz zeigt: Beim Thema Geldanlage haben die Deutschen enormen Nachholbedarf. Trotz der niedrigen Zinsen hat sich die Anlagestrategie der meisten deutschen Anleger nicht geändert. Noch immer liegt ein großer Teil des Vermögens auf der Bank. „Die deutschen Haushalte haben in den letzten vier Jahren etwa 40 Prozent ihres Geldvermögens mit Verlust bei den Banken geparkt“, heißt es im Allianz Global Wealth Report. Im Durschnitt lag die Rendite für diese Anlagen bei Minus 0,4 Prozent.

Systematische Geldvernichtung

Der deutsche Anleger macht nicht nur systematische Anlagefehler, sondern beachtet auch die effektive Rendite seiner Anlage nicht. Wer aktuell das Geld für zwölf Monate bei seiner Hausbank parkt, kann mit einem Zins von 0,05 Prozent rechnen. Vernachlässigt und nicht beachtet wird der Faktor Inflation, welche dann zu einer effektiv negativen Rendite für den Anleger führt. Man kann dies mit einem Hauskauf vergleichen: hier würde kein Käufer auf die Idee kommen, Kosten für Makler, Notar und weitere externe Kosten nicht in seine Kalkulation mit einzubeziehen. Bei der Geldanlage funktioniert diese Denkweise leider bei vielen Anlegern noch immer nicht.

Hätten die Anleger den Anteil der Bankeinlagen nur um zehn Prozent reduziert und diesen verfügbaren Anteil je zur Hälfte in Aktien und Investmentfonds investiert, die Rendite wäre um einen Prozentpunkt höher ausgefallen und hätte den deutschen Haushalten ein Vermögen von zusätzlichen 200 Milliarden Euro beschert, so die Berechnung der Allianz.

Deutsche Anleger wenig flexibel

„Hinterher ist man natürlich immer schlauer, aber dass Zeiten extremer Geldpolitik mit negativen Zinsen auch Anpassungen im Anlegerverhalten erfordern, ist evident“, so Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz. Zeit, Vermögen umzuschichten und die Anlagestrategie zu überdenken, gab es genügend. Die Niedrigzinspolitik kam nun nicht überraschend und dauert nun auch schon eine Weile an.

Doch der Anleger hierzulande setzt immer noch auf die vermeintlich sicheren Anlagen und sieht keinen Anlass dazu eine intensive und unabhängige Beratung zu suchen. Das Vermögen wächst auf diese Art und Weise nicht nur deutlich langsamer, es schrumpft sogar. „Alte Gewissheiten gelten heute nicht mehr, vermeintlich sichere Anlagen wie Bundesanleihen sind nicht mehr sicher, sie gefährden vielmehr den Vermögensaufbau“, so Heise weiter.

Andere Nationen denken offener und klarer

Sein Geld renditebringend anzulegen, statt es auf dem Sparbuch versauern zu lassen, finden die deutschen Anleger in Europa zuhauf. Denn außer unser Nachbarland in Österreich, schneiden alle anderen europäischen Staaten deutlich besser ab.

Die Franzosen fuhren mit ihrer Anlagestrategie eine Rendite von im Schnitt 3,6 Prozent ein, in südlicheren Ländern betrug die Rendite sogar deutlich über vier Prozent. Die Quote der Aktienbesitzer in den USA ist vier Mal so hoch wie in Deutschland, die Deutschen legen ihr Geld weiter lieber auf dem Sparbuch an oder investieren weiter in teure und niedrig verzinste Lebensversicherungen.

Der deutsche Anleger muss umdenken. Doch regiert Angst und fehlendes Vertrauen wenn es um das Thema Geldanlage geht. Nur durch transparente, offene und ehrliche Beratung kann der deutsche Anleger dazu animiert werden auch über den Tellerrand zu schauen. Einen gewissen Anteil seiner Vermögensanlage außerhalb des beliebten Sparbuchs anzulegen hat nichts mit Risiko zu tun, sondern vielmehr mit einer vernünftigen, zeitgemäßen und zukunftsorientierten Entscheidung.

Kolumne von Dr. Ekkehard J. Wiek, Vermögensverwalter und Asien-Fondsmanager, Strait Invest Pte Ltd in Singapur