Warum Aktien erste Wahl bleiben
13.06.2023
Honorarberater Klaus Porwoll von PecuniArs. Foto: Klaus Porwoll
"Spareinlagen bieten wieder Zinsen – aber ist das für Anleger wirklich attraktiv?". Der Berliner Honorarberater Klaus Porwoll von der PecuniArs Honorarberatung nimmt Stellung zu Bankeinlagen, Vermögensaufbau und Anlagealternativen.
Für viele Anleger und Sparer dürfte die aktuelle Situation eine ganz neue Erfahrung sein. Denn schon ab der Finanzkrise im Jahr 2009 gab es kaum noch nennenswerte Zinsen. Und im Jahr 2016 hatte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins gar auf null Prozent abgesenkt. Doch mit der massiven Rückkehr der Inflation im vergangenen Jahr mussten die Notenbanken gegensteuern – und begannen aggressiv an der Zinsschraube zu drehen. Im Euroraum kletterte der Leitzins in nicht einmal zwölf Monaten von null auf 3,75 Prozent.
Die Folge: Erstmals seit langer Zeit bieten Spareinlagen wieder eine nennenswerte Verzinsung. Wer recherchiert, findet Tages- oder Festgeldangebote bei seriösen Anbietern, die zum Teil deutlich über drei Prozent pro Jahr liegen. „Das scheinen zunächst einmal gute Nachrichten zu sein“, sagt Klaus Porwoll, Gründer und Inhaber der unabhängigen Berliner Honorar-Finanzberatung PecuniArs. „Der Haken daran ist nur, dass die Inflationsrate derzeit noch bei sieben bis acht Prozent und damit noch deutlich darüber liegt.“
Hier kommt der Unterschied zwischen der nominalen und der realen Rendite zum Tragen. Denn bietet ein Tagesgeldkonto 3,5 Prozent Zinsen pro Jahr, dann ist das die nominale Verzinsung. Gleichzeitig aber verliert das Geld aufgrund der Inflationsrate an Kaufkraft. Deshalb muss von der Verzinsung die Inflationsrate abgezogen werden, um zur realen Rendite einer Anlage zu kommen.
Reale Verzinsung ist entscheidend
„Angesichts der aktuellen Teuerungsrate ergibt sich mit solchen Tages- oder Festgeldanlagen eine negative reale Verzinsung von rund vier bis fünf Prozent“, erläutert Porwoll. „Damit ist der Kaufkraftverlust bei solchen Anlagen derzeit übrigens größer als in der Niedrigzinsphase, weil die Inflationsrate derzeit deutlich höher ist.“ Tatsächlich führt bei einem Anlagebetrag von 10.000 Euro ein realer Wertverlust von nur drei Prozent pro Jahr nach zehn Jahren zu einem Minus von über 25 Prozent.
„Anleger und Sparer sollten sich deshalb von solchen Zinsangeboten nicht blenden lassen, sondern diese immer mit der aktuellen Inflationsrate vergleichen“, sagt Porwoll. „Und dann erkennt man schnell, dass sich im Vergleich zur Phase vor der Zinswende gar nicht so viel geändert hat.“ Das bedeutet, dass Spareinlagen weiter unrentabel sind, sich bestenfalls wieder zum Parken von kurzfristig benötigtem Geld eignen und Anleger sich für den langfristigen Vermögensaufbau weiter auf den Kapitalmarkt konzentrieren sollten.
Hier nämlich ist festzustellen, dass auch Bundesanleihen verschiedener Laufzeiten inzwischen wieder über zwei Prozent abwerfen. Zum Vergleich: Ende 2021 lag deren Rendite noch im negativen Bereich. „Dieser Wert liegt zwar auch unterhalb der Inflation und bedeutet einen realen Wertverlust, aber sichere Staatsanleihen erfüllen damit zum einen ihre Funktion als Stabilisator im Portfolio wieder“, sagt Porwoll. „Zum anderen bieten sie, wenn die Zinsen wieder sinken sollten, anders als das Sparbuch, Kursgewinne.“
Keine andere Anlageklasse kann mit Aktien mithalten
Ansonsten sind in diesem Umfeld weiter Sachwerte, wozu Immobilien, Kunst, insbesondere aber auch Aktien zählen, attraktiv. „In der Vergangenheit hat sich gerade bei Aktien gezeigt, dass sie in Zeiten höherer Inflation ein langfristig ertragreiches Investment waren, da viele Firmen die gestiegenen Kosten zumindest zum Teil an die Verbraucher weitergeben konnten“, erklärt der Anlageexperte. Tatsächlich brachten Aktien seit 1975 über sieben Prozent pro Jahr – und das nach Inflation. Damit konnte keine andere Anlageklasse mithalten. Wichtig sei dabei aber auch weiter, auf eine breite Diversifikation zu achten, also global und über alle Branchen hinweg zu investieren.
„Zwar müssen sich Anleger im Klaren sein, dass Aktien höhere Kursschwankungen aufweisen“, so Porwoll. Langfristig aber holen sie zwischenzeitliche Verluste wieder auf. Wichtig ist außerdem die Herangehensweise. Der erfahrene Honorarberater empfiehlt Indexfonds, da sie die Idee vom wissenschaftlichen Investieren nahezu idealtypisch umsetzen. Mit ihnen lässt sich sehr einfach breit gestreut und systematisch langfristig Vermögen aufbauen. „Denn bei Indexfonds werden, anders als bei aktiv gemanagten Fonds, die Emotionen und der Mensch als potenzielle Fehlerquelle weitgehend ausgeschaltet", sagt Porwoll weiter.
Zudem empfiehlt er ein regelmäßiges Rebalancing, bei dem die ursprüngliche Allokation zwischen den beiden Anlageklassen Aktien und Anleihen immer wieder hergestellt wird. „Damit kommen Anleger gut durch die turbulenten Marktphasen und haben vor allem, anders mit Bankeinlagen, die Chance auf realen Kapitalerhalt in einem inflationären Umfeld und eine Zusatzrendite“, so das Fazit des Anlageexperten. (sg)