Wann tritt der BU-Fall ein? BGH-Urteil gibt Antworten

27.07.2021

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In der BU-Versicherung tritt der Versicherungsfall mit Ablauf des sogenannten Sechsmonatszeitraums auch dann ein, wenn die Versicherungsbedingungen nicht bestimmen, dass auch bei einer rückschauenden Betrachtung der Versicherungsfall ab dem ersten Tag des Sechsmonatszeitraums vorliegt. Das hat der BGH in einem von Wirth Rechtsanwälte erstrittenen Urteil entschieden.

In dem vorliegenden Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der am 29. Juli 2016 einen Arbeitsunfall erlitt und danach nicht mehr arbeitsfähig war. Mit seiner Berufsunfähigkeitsversicherung hatte er eine Nachversicherungsgarantie vereinbart, nach welcher der Versicherungsumfang ohne erneute medizinische Risikoprüfung erhöht werden konnte. Am 11. Oktober 2016 verlangte er die Erhöhung des Versicherungsschutzes um 100 %. Mit einem Nachtrag am 18. Oktober bestätigte die Versicherung die Erhöhung mit Wirkung von 1. November 2016. Die beiden Parteien hatten zum Versicherungsfall „Berufsunfähigkeit“ u.a. Folgendes vereinbart: „Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung, … 6 Monate ununterbrochen außerstande war oder voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben.“ Im Dezember 2016 meldete der Kläger Leistungsansprüche an, die von der BU-Versicherung im September des darauf folgenden Jahres bestätigt wurden. Jedoch zahlte die Versicherung nur die am 29. Juli vereinbarte Rente von monatlich 500 Euro monatlich und nicht die im Nachtrag vom 18. Oktober vereinbarte Rente von 1.000 Euro. Dagegen klagte der Arbeitnehmer und bekam mithilfe der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte schließlich vor dem BGH Recht.

In seiner Begründung führte der BGH aus, dass in der oben zitierten Klause zwei Alternativen eines Versicherungsfalls geregelt seien. Während die erste Alternative („sechs Monate ununterbrochen außerstande war) eine rückschauende Betrachtung erfordere, sei die zweite Alternative („voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist“) hingegen in die Zukunft gerichtet. Dem Gericht zufolge ergebe eine Auslegung der ersten Alternative, dass der Versicherungsfall erst mit Ablauf der sechs Monate eingetreten sei. Dies ergebe sich aus der Formulierung „Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person …“ und auch daraus, dass in den Bedingungen keine Rückwirkung des Versicherungsfalls auf den Anfang des Sechsmonatszeitraum vereinbart war.

Durch die Klarstellung des BGH stehen dem Kläger aller Voraussicht nach nun 1.000 statt 500 Euro monatliche BU-Rente zu. Die in der ersten Alternative vereinbarten sechs Monate waren gerechnet vom 29.07.2016 erst im Januar 2017 vollendet und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die höhere Rente vereinbart war.

„Wir freuen uns zunächst, dass wir den Fall für unseren Mandanten nun doch vor dem BGH zu seinen Gunsten drehen konnten, nachdem das Landgericht Berlin und das Kammergericht die Klage abgewiesen hatten. Ebenso zeigt dieser Fall, wie wichtig es sein kann, durch versierte Fachanwälte vertreten zu werden, die auch den Weg zum BGH nicht scheuen“, so Fachanwalt für Versicherungsrecht Tobias Strübing, Partner der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte. (ahu)