Wann ändert die EZB ihren geldpolitischen Kurs?
11.09.2017
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Die EZB steckt in der Klemme: Aufgrund der niedrigen Inflation und des zu starken Euros ist eine Fortführung der aktuellen Geldpolitik die beste Option. Jedoch stößt das Anleihekaufprogramm wohl bald an seine Grenzen. Baufinanzierer können sich noch über kurzfristig niedrig bleibende Zinsen freuen, die Frage ist nur wie lange noch.
Aufgrund der andauernden Erholung der europäischen Wirtschaft fordern immer mehr Banken, Marktexperten und Politiker, besonders aus Deutschland, die EZB dazu auf, ihre Geldpolitik zu ändern. Die Einschätzung wird von der EZB zwar grundsätzlich geteilt, jedoch spricht die Entwicklung einiger ökonomischer Eckdaten gegen ein Ende des Anleihekaufprogramms und der Niedrigzinsen. Ein Problem ist die niedrige Inflation, die mit ca. 1,3 % weit unter der Zielmarke von 2 % liegt. Auch hat aufgrund der starken Wirtschaft der Euro seit Jahresbeginn um 10 % gegenüber dem US-Dollar zugelegt. In der Folge werden Produkte aus der Eurozone teurer, was den Export schwächt. Da gleichzeitig Importe günstiger werden, kann die Inflation nicht weiter nach oben gehen. Sollte die EZB von ihrer aktuellen Geldpolitik abrücken, könnte die Inflation noch schwächer ausfallen und damit im schlimmsten Fall sogar Deflation drohen. Deshalb sprach sich der EZB Präsident Mario Draghi kürzlich davon, dass der starke Eurokurs Unsicherheit bereite und deshalb überwacht werden müsse.
EZB muss sich bald entscheiden
Da das Anleihekaufprogramm der EZB am Ende des Jahres ausläuft, muss die Zentralbank bald eine Entscheidung diesbezüglich treffen. Eine nochmalige Verlängerung könnte schwierig werden, denn im nächsten Frühjahr könnten die eigenen Ankaufgrenzen bei den Anleihekäufen erreicht werden. Auch wenn die Entscheidung über das weitere Vorgehen erst mal vertagt wurde, bleibt der EZB nur wenig zeitlicher Spielraum.
Eine mögliche Entscheidungshilfe könnte der EZB nächste Woche von Westen her kommen: Am 20. September erfolgt der erste Zinsentscheid der Fed nach der Sommerpause. Vom Markt werden jedoch vorerst keine weiteren Zinserhöhungen erwartet. Wahrscheinlicher ist dieser Schritt erst für Dezember oder sogar das kommende Jahr. Vielmehr wird erwartet, dass die Fed nächste Woche den Beginn der Bilanzreduzierung beschließen wird.
Entwicklung der Baufinanzierungszinsen:
Von der Entwicklung der Leitzinsen ist auch die Entwicklung der Baufinanzierungszinsen abhängig. Die Bestzinsen für 10-jährige Hypothekendarlehen vollzogen seit Anfang August einen zyklischen Rückgang. „Von 1,16 % ging es bis Anfang September auf 1,02 Prozent zurück“, erläutert Jörg Haffner, Geschäftsführer der Qualitypool GmbH. „Seit dem Höchststand im Juli sind es 20 Basispunkte. Diese rückläufige Entwicklung der letzten sechs Wochen wird aber voraussichtlich nicht von Dauer sein. Zwar fehlen aktuell die Impulse für einen neuerlichen Zinsanstieg. Es ist aber davon auszugehen, dass die Anleihen- und Zinskurse – auch im Zuge neuer Maßnahmen der Notenbanken − in den nächsten Monaten wieder in Bewegung geraten. Entsprechend sollten die Baufinanzierungszinsen im nächsten Jahr tendenziell steigen.“
Nach Meinung von Haffner tun Baufinanzierungsmakler in diesen Zeiten gut daran, ihren Kunden die aktuelle Zinssituation mit ihren Chancen und Risiken ausführlich darzulegen: „Wer aktuell nach einer Immobilie sucht, kann nach wie vor von sehr niedrigen Zinsen profitieren. Für die kommenden Monate ist auch nicht mit sprunghaften Anstiegen der Zinsen zu rechnen. Es sollte also keinesfalls Panik unter den Baufinanzierungskunden aufkommen.“ Mit einem zügigen Abschluss in den nächsten Monaten können Baufinanzierer unter Umständen gutes Geld sparen. Angesichts hoher Immobilienpreise, vor allem in den Ballungsräumen, könnten sich leichte prozentuale Veränderungen der Baufinanzierungszinsen bereits deutlich auf die Finanzierungskosten auswirken.
Qualitypool erwartet kurzfristig seitwärts schwankende Zinsen und rechnet langfristig mit steigenden Zinsen. (ahu)