Wandel, Wandel ist die Kernbotschaft

18.03.2024

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Die Immobilienwirtschaft hat zu kämpfen. Keine neue Erkenntnis. Gleichzeitig dreht sich die Welt weiter und weitere Herausforderungen kommen auf die Branche zu. Kosten steigen, Arbeitskräfte fehlen, digitalisierte Prozesse und dann auch noch die ESG-Integration. Wie so oft müssen Chancen erkannt, Tradiertes weggelassen und neue Wege, jedenfalls teilweise, beschritten werden. Ein Abriss.

„Der Rückgang der Baukonjunktur setzt sich weiter fort. […] Verantwortlich für das Minus bleibt der Wohnungsbau, der in diesem Jahr real um 11 % einbricht und 2024 mit -13 % seinen Sinkflug fortsetzt“, kommentierte Wolfgang Schubert-Raab, Präsident Zentralverband Deutsches Baugewerbe, die Konjunkturzahlen der Bauwirtschaft 2023/2024. Leider keine Einzelmeinung. Wegen der Krise im Wohnungsbau erwartet die deutsche Bauindustrie 2024 den ersten Beschäftigungsverlust in der Branche seit der Finanzkrise, so eine Schlagzeile vom Januar 2024. Auch Sergej Seider, Geschäftsführer IMMO-PROINVEST GmbH, beschreibt das Problem der gestiegenen Baukosten. „Eine Malaise, denn die jetzige Regierung hat das Ziel im Koalitionsvertrag verankert, dass 400.000 Wohnungen pro Jahr neu gebaut werden sollen und dass man möglichst zu verträglichen Preisen Wohnungen mieten kann. Die Rohstoffe sind teurer geworden, zudem haben die ambitionierten, durch aus sinnigen Ziele im Bereich Nachhaltigkeit das Bauen nicht einfacher oder günstiger gemacht.“ Folglich herrscht in der Baubranche eine sehr zurückhaltende Stimmung, um es vorsichtig zu formulieren. Nun stellt sich bei dieser Bestandsaufnahme die Frage, ob es jenseits der Landesgrenze anders bzw. besser aussieht. Mit Blick auf unsere französischen Nachbarn stellt Dr. Robert Weinert, Partner bei Wüest Partner, fest, dass die Aussichten auf eine Wiederbelebung der Bautätigkeit vor allem in den Großstädten eher begrenzt sei. „Angesichts der Aussicht auf eine Netto-Null-Bodenbebauung im Jahr 2050 könnten die Bürgermeister bei der Erteilung von Baugenehmigungen zunehmend zurückhaltend sein Lösungen zu finden, die die Blockade durchbrechen, wird eine echte Herausforderung für die Großstädte sein“, so der Experte.

Handeln ist die zentrale Maxime

Nun könnte man sich ewig über die Missstände beklagen, das hilft aber wenig bei der Lösungsfindung und dem Blick nach vorne. Denn Wohnen ist ein hohes Gut. Jeder muss eine Bleibe finden können. Entsprechend sitzen alle Beteiligten, ob Entwickler, Investoren oder eben auch die Nutzer, im selben Boot. Stichwort digitale Prozesse. Analog zu anderen Branchen stellt sich die Frage, ob die Wohnungswirtschaft noch am Puls der Zeit ist. Wie stark hält die Digitalisierung bis dato Einzug in die Bauprozesse? PlanRadar, Spezialist für die digitale Dokumentation und Kommunikation bei Bau- und Immobilienprojekten, hat dazu die Investitionsbereitschaft in einer Umfrage unter 1.300 Branchenexperten in 15 Ländern weltweit analysiert. Ergebnis: Die Investitionsbereitschaft in digitale Lösungen international ist grundsätzlich hoch: 97 % der Befragten planen in den kommenden drei Jahren, ihre Investitionen zu erhöhen. Insofern ist die Erkenntnis vorhanden, dass sich etwas tun muss. Die Digitalisierung trage insgesamt zu einem optimierten Wohnen bei – von der Planungsphase über die Bauausführung bis hin zum täglichen Leben im Wohnraum, merkt Alexander Heinzmann, Geschäftsführer (Sprecher) BPD Deutschland, an dieser Stelle an. Mit Blick nach vorne und Bauen der Zukunft fasst Geschäftsführer Heinzmann zusammen: „Veränderte Konzepte wie serielles, modulares Bauen sind definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Sie ermöglichen eine schnellere Produktion und helfen, dem Fachkräftemangel zu begegnen, insbesondere wenn Typengenehmigungen vorliegen.“ Das ist sozusagen Wasser auf die Mühlen der Experten von IMMO-PRO-INVEST. Benedikt Haibt, weiterer Geschäftsführer des Unternehmens, sieht in den Produktivitätslücken am Bau eine der ganz großen Herausforderungen. „Die Produktivität auf dem Bau, die zentrale Größe, stagniert seit mehr als zwei Jahrzehnten. Da muss eine Lösung gefunden werden“, so Haibt und ergänzt, dass man in der Baubranche eher noch am Anfang in der evolutionären Entwicklung stehe. „Es gibt verschiedene Stellschrauben, an denen wir drehen können und müssen. Produktivitätsfortschritt, Kostenreduktion, weniger Manpower einhergehend mit einem hohen Automatisierungsgrad“, so Haibt. In der Tat ist Wachstum allein nicht seligmachend. Nein, es geht darum, effizienter zu werden. Die daraus resultierende höhere Arbeitsproduktivität bedeutet, dass mit den gleichen Ressourcen letztlich mehr Wert geschaffen wird. Ganz gleich, ob es sich bei den eingesetzten Ressourcen um Rohstoffe oder Fachkräfte handelt. Hier steckt insbesondere die Baubranche im Vergleich zu anderen Branchen noch in den Kinderschuhen.